Iris Meder †,
In Boudoir und Klosterzelle
Wenn es um \"gender\" geht, sind ja meist in erster Linie Frauen gemeint. So auch hier, obwohl das Cover Le Corbusiers \"Modulor\" ziert. Eine feministische Abrechnung mit männlichen Architekten ist aber nicht Gegenstand des Bandes.
Die Autorinnenliste umfasst renommierte Wissenschaftlerinnen und Architektinnen. Dabei hält sich allerdings die editorische Sorgfalt in Grenzen: Die im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Beiträge von Daniela Hammer-Tugendhat und Francoise-Hélène Jourda entpuppen sich beide als Interviews. Besonders die Überlegungen Hammer-Tugendhats und ihrer Gesprächspartner Kuhlmann, Jormakka und Sonja Hlinica sind indes ein aufschlussreicher, intelligenter Beitrag zur Planungs- und Nutzungsgeschichte des Baues aus dem Blickwinkel der unmittelbaren Praktikabilität und alltäglichen Nutzung als Wohnhaus. Sabine Plakolm-Forsthuber liefert einen kompetenten Aufsatz zum Bautyp Nonnenkloster in Mittelalter und Renaissance mit einer Fülle ikonologischen, soziologischen und historischen Hintergrundmaterials. Die im Titel angekündigte \"Ekstase\" findet man im Text aber ebenso wenig wie die Lektorin wusste, dass das Wort nichts mit der lateinischen Vorsilbe \"ex\" zu tun hat.
Weitere lesenswerte Beiträge stammen u. a. von Anne-Katrin Rossberg - zu ihrem Dissertationsthema des Boudoirs als weiblich codiertem Raum - und Marena Marquet - über die Frauenpavillons der Weltausstellungen -, wo der Erkenntniswert der streichholzschachtelgroßen Expo-Übersichtspläne mit Markierungspfeilen im Gegensatz zum Text nahe bei Null liegt. An den Haaren herbeigezogen wirken einzig Sätze wie folgender in Dörte Kuhlmanns Aufsatz: \"So wie der Vergewaltiger die erzwungene Penetration als Machtinstrument oder Kontrollinstrument über sein Opfer ansieht, kann man die ursprüngliche Bedeutung des Fensters darin sehen, die visuelle Kontrolle des Hausbewohners auf die Umgebung auszuweiten.\" Dr. Freud, übernehmen Sie.
Dörte Kuhlmann, Kari Jormakka (Hg.), Building Gender. Architektur und Geschlecht.
Wien: edition selene, 2002
224 Seiten
Pb., broschiert
ISBN: 3-85266-181-1
Preis: 18,60 EUR
www.selene.at
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