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Subventionsjäger

Zu den beliebtesten Klagen, denen sich die hiesige Kunstwelt hingibt, zählt jene, dass dem Land ein ordentliches Feuilleton fehle. Sogar die Pressesprecherin einer nicht ganz unbedeutenden österreichischen Institution jammerte einmal ausgerechnet mich an, wie schlecht die Qualität der hiesigen Kunstberichterstattung sei. Später im Gespräch stellte sich heraus, dass ihr die Namen der KollegInnen der auflagenstärksten österreichischen Qualitätsblätter nicht bekannt waren. Offenbar hatte sie schon länger nicht mehr Zeitung gelesen. Oder vielleicht die Kulturseiten überblättert. Sei’s drum. Beim routinierten Beklagen der publizistischen Misere Österreichs jedenfalls schielt man gern in die deutschsprachigen Nachbarländer und ruft die Namen der dortigen Qualitätsblätter aus: Die Süddeutsche! Die FAZ! Die NZZ! Manchmal noch: Der Spiegel! Oder, die eher links Orientierten: Die TAZ! Früher wurde in diesem Zusammenhang stets auch die Weltwoche genannt. Sie stand für Qualitätsjournalismus, man las darin Geschichten, die penibel durchrecherchiert und packend formuliert waren. Längst ist es jedoch Chefredaktor Roger Köppel gelungen, die Weltwoche in ein rechtes Hetzblatt zu verwandeln. Gegen Feministinnen, gegen Minarette, gegen Linke, gegen die EU – derartiges ist man als immer sporadischere Leserin gewohnt. Doch kürzlich entdeckte die Weltwoche einen neuen Feind: die Kunstschaffenden. Auf dem Cover der Ausgabe vom 13. Jänner sind fünf davon abgebildet, unter anderem die Schweizer Exportschlager Thomas Hirschhorn und Pipilotti Rist – Headline: „Schweizer Künstler: Sie kassieren Milliarden“. Untertitel: „Die staatlichen Fördergelder. Die talentiertesten Subventionsjäger.“ Neben einer ausführlichen Huldigung der „Führungsgrundsätze“ sowie unternehmerischen Talente des ehemaligen Unternehmers und späteren SVP-Chefs Christoph Blocher (kein Scherz!) enthält das Heft eine harsche Abrechnung mit der Schweizer Kulturförderung. Man empört sich darin einerseits darüber, dass gut Verdienende wie Fischli/Weiss überhaupt Geld bekommen, kritisiert andererseits, dass auch weniger bedeutende KünstlerInnen Subventionen erhalten. Auch zeigt man sich über das „Ansehen der Schweiz im Ausland“ besorgt, vor allem angesichts Christoph Büchels Aktion in der Secession, die man fälschlicherweise als „die in einem realen Wiener Swingerklub angesiedelte Installation“ bezeichnete. Ausführlich rechnet man vor, wie viel an öffentlichen Geldern diese Autorin und jener Dichter erhalten hat – wobei die Summen häufig erstaunlich niedrig erscheinen; über eine Förderung von 10.000 Franken (7.750 Euro) würde sich in Österreich wahrscheinlich nicht einmal die Kronen Zeitung ereifern. Na gut, die vielleicht schon. Das Infame an der Geschichte (knackiger Titel: „Kunst kommt von Kassieren“) ist, dass Einzelpersonen an den Pranger gestellt werden – für etwas, das sie völlig zu Recht in Anspruch nehmen. Doch es wird klar: Letztlich geht es nicht um eine kritische Durchleuchtung der Vergabe öffentlicher Gelder – die auf jeden Fall zu jedem Zeitpunkt angebracht wäre. Sondern um eine Hetze gegen einzelne Künstler.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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