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Luisa Kasalicky - en suite: Minimalismus aus dem Baumarkt

Oh, wie sehr doch unser Life-Style durch das Angebot des Baumarkts bestimmt ist! Welches Szenelokal braucht überhaupt noch den Luxus von DesignerInnen? Wozu überhaupt noch Innenraum-Ausstatter bemühen, wenn doch im Baumarkt alles zu finden ist?! Selbst Bestandteile für das grausame Handwerk der Vernichtung. Präziser gesagt: Sogar Utensilien zum Bombenbau stammen aus dem Baumarkt. Nicht überraschend somit, wenn sich die bildende Kunst diverser Materialien aus dessen reichhaltiger Angebotspalette bedient. Die 1974 in Prag geborene und in Wien lebende Luisa Kasalicky ist erfahren im Kosmos dieser Art seriell produzierter ready made Kombinatorik. Für ihre Interventionen im Raum, ihre Installationen und Bilder verwendet sie seit längerem Materialien wie Fliesen, Linoleum oder verschiedenfarbige Dämmstoffe sowie in letzter Zeit auch Rohrstücke oder Teile von Zäunen und Halterungen von Stiegengeländern. Natürlich sind solche Operationen des Transfers zwischen Alltag und Ausstellungssituation vielfach durchgespielt. Und selbstverständlich heißt ein Traditionsstrang, auf dem wir uns hier bewegen: Minimalismus. Bemerkenswert aber, welche Spannungsmomente die Künstlerin im Dreieck aus Form, Material und Bedeutung in ihrer aktuellen Ausstellung „EN SUITE“ aufbaut. Wenn Kasalicky mit Dachpappe arbeitet, dann entsteht darauf mitunter ein Sternenkosmos, der an ein Fotogramm, ein Schnittmuster oder vielleicht sogar an eine Landkarte erinnert. Wenn sie Teile von Zäunen oder Balkongittern verwendet, dann hat dies ornamentalen Charakter, während die ursprüngliche Bedeutung ebenfalls vorhanden bleibt. Das macht die Werke von Kasalicky so interessant, und zeigt, dass sie nur unter dem Paradigma rigider Präzision funktionieren. Ihre ebenfalls präsentierten Zeichnungen hingegen wirken eher wie Ideen-Sammlungen. Charakteristisch für diese Arbeitsweise ist, dass stets Momente der kulturellen Geschichte des verwendeten Materials oder inhärente Assoziationen in Bezug auf den intendierten Gebrauch mitgeschliffen werden. Schließlich handelt es sich um industrielle Fundstücke, die massenhaft für einen Markt und somit – über den Gebrauchskontext hinaus – auf bestimmte eingeschliffene Vorstellungen, auf die Absatzseite hin produziert werden. Zugleich entsteht der Zusammenhalt durch den extrem hohen Formalisierungsgrad dieser Arbeiten. Deshalb ergeben sich zwar Momente der Ironie, der zentrale Fokus jedoch liegt auf der Herstellung formaler Spannung und der Befragung der Relation von Form und Funktion. Fast ein wenig unzeitgemäß. Aber ergeben sich Qualität und Haltung nicht genau aus dieser Widerspenstigkeit? Man sollte sich mit dieser ersten institutionellen Einzelausstellung der Künstlerin auf jeden Fall auseinandersetzen.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Luisa Kasalicky - en suite
10.02 - 24.04.2011

BAWAG P.S.K. Contemporary
1010 Wien, Franz Josefs Kai 3
http://www.bawagpskcontemporary.at
Öffnungszeiten: täglich 14-20h


Ihre Meinung

3 Postings in diesem Forum
eher nicht
lab moor | 14.02.2011 11:48 | antworten
aufgrund des artikels ist der letzte satz einfach nicht logisch
oh doch!
tsnuk | 14.02.2011 04:56 | antworten
ansehen lohnt sich! die objekte der ausstellung sind wunderbar aufeinander bezogen und bespielen die unruhigen räume in der nötigen klarheit!
Aspekte des Raums
Peter F | 16.02.2011 01:01 | antworten
dem kann ich nur zustimmen, manche aspekte des bereits bestehenden raumes werden erst durch die objekte und die art und weise ihrer räumlichen positionierung sichtbar gemacht. so haben mich die beiden "ziegelstein-minimal-monumentchen" die darüberliegende glasziegelwand entdecken lassen. Ich war dort schon oft auf ausstellungen, aber diese glasziegelwand ist mir bisher noch nie aufgefallen! toll!

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