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Dürfen Polizistinnen öffentlich pinkeln?
Marcel Walldorf provoziert den ersten „Kunstskandal“ des Jahres 2011 in Deutschland
Mit 1000 Euro ist der dritte Platz des Kunstpreises der Leinemann Stiftung für Bildung und Kunst nicht gerade üppig dotiert. Dafür ist der „Skandal“ umso größer – zumindest wird die Arbeit „Petra“ von Marcel Walldorf von der Bildzeitung dazu hochstilisiert.
Mit der naturalistischen Skulptur, die eine pinkelnde Polizistin in anti-Demo-Schutzmontur darstellt, hat es Walldorf mit seinem dritten Platz jedenfalls geschafft, die beiden anderen Preisträger aus den Nachrichten zu verdrängen. Dabei sind die Malerei von Dominik Bucher (erster Preis, 2.000 Euro) und die minimalistischen Skulpturen von Thomas Judisch (zweiter Preis, 1.000 Euro) zu Recht vor dem etwas platten Naturalismus von Walldorf gereiht.
Walldorf sieht seine Skulptur denn auch weniger sozialkritisch sondern als eine Geste, die das Martialische der Schutzmontur brechen und versöhnlich wirken soll. Da war die Künstlergruppe Gelitin im Jahr 2003 schon radikaler, als sie in Salzburg einen sich selbst in den Mund pinkelnden Mann vor die Augen des honorigen Festspielpublikums in Salzburg pflanzten – und natürlich ebenso einen veritablen Skandal inklusive Zensuraktion provozierten. Ganz ohne Skandal war übrigens eine pinkelnde Frauenfigur von Ann-Sofi Sidèn in der Galerie von Christine König im Jahr 2002 ausgestellt worden.
Walldorfs „Petra“ darf jedenfalls weiter im Senatssaal der Hochschule für bildende Künste in Dresden neben den Arbeiten der anderen Preisträger hocken – nur pinkeln darf sie dort nicht. Die in der Skulptur versteckte Wasserpumpe musste aus Rücksicht auf den Parkettboden abgeschaltet werden.
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