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Ein (fast) normales Museum

Zu Lebzeiten Rudolf Leopolds waren die Pressekonferenzen im Leopold Museum – auf jeden Fall in den letzten Jahren – geprägt vom Thema Restitution. Und der leidenschaftliche Sammler vergriff sich schon manchmal im Ton, wenn es darum ging, seine Kunstsammlung vor den „Angriffen“ jener zu verteidigen, die meinen, dass die Leopold Museum Privatstiftung in Restitutionsfragen ebenso zu behandeln wäre wie jedes andere Bundesmuseum auch. Unter seinem Sohn Diethard Leopold hat sich der Ton und die Art des Umgangs mit der Sammlungsgeschichte merklich verändert. Zwar fühlt man sich nicht automatisch gebunden an die Empfehlungen der Kommission unter dem Vorsitz von Nikolaus Michalek und natürlich will auch Diethard Leopold keine wichtigen Werke der Sammlung so einfach zurückgeben, aber zumindest für die bedeutendsten Werke wie „Häuser am Meer“ und die Schiele-Blätter aus der Sammlung Mayländer strebt die Stiftung einen Vergleich an – so wie schon für das Bildnis Wally, das im August dieses Jahres nach jahrelangem Rechtsstreit wieder ins Museum gelangt war (für rund 14,8 Millionen Euro). Wie hoch die Beträge für zukünftige Vergleiche sein könnten, vermag man derzeit nicht zu beziffern, Diethard Leopold geht aber davon aus, dass mit der für 2011 erhofften Einigung zu „Häuser am Meer“ und zu den Sammlungen Mayländer und Eisler die wichtigsten Fälle gelöst werden können. Das Geld ist ohnehin ein großes Problem für das Leopold Museum. Zwar bezeichnet der kaufmännische Geschäftsführer Peter Weinhäupl die Aufwendungen für das Bildnis Wally als „Durchlaufer“ in der Bilanz da dafür ja Werke aus den Beständen der Stiftung versteigert werden sollen. Probleme macht dem Museum aber die Finanzierung des laufenden Betriebs. Seit der Eröffnung des Hauses am 21. September 2001 hat sich der Bundeszuschuss von 2,76 Millionen Euro nämlich nicht erhöht. Der Eigendeckungsgrad liegt dank rund 300.000 Besuchern jährlich zwar etwas über 50%, trotzdem würde das Museum 500.000 bis 700.000 Euro zusätzlich benötigen, um ausgeglichen bilanzieren zu können. Die Chancen dafür sind allerdings minimal. So nimmt sich denn auch das Programm für das Jubiläumsjahr 2011 relativ bescheiden aus. Natürlich steht Egon Schiele im Mittelpunkt, dem ab 22. September 2011 zwei Ausstellungen gewidmet sind. Unter dem Titel „Melancholie und Provokation“ werden Werke aus der Sammlung neu zusammengestellt. Aus der Sammlung Leopold II, also der Privatsammlung die nach 1994 von Rudolf Leopold zusammengetragen wurde, wird gleichzeitig ein Schwerpunkt auf zeitgenössische Kunst gelegt. Dazwischen liegen Ausstellungen der Malerin Florentina Pakosta (Jänner bis April 2011), eine Präsentation von Schmuck aus der Zeit des Jugendstil in der der Versuch einer Gegenüberstellung des Wiener Jugendstil mit internationalen Strömungen dieser Zeit unternommen wird und - erstmals im Leopold Museum – eine Ausstellung die ganz der Fotografie gewidmet ist. Hier werden Aufnahmen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Werken zeitgenössischer FotografInnen gegenübergestellt. Den Abschluss macht dann Hermann Nitsch, dessen grafisches Werk gemeinsam mit Architekturentwürfen und den Partituren des Orgien Mysterien Theaters kombiniert wird. Trotz der angespannten finanziellen Situation wartet das Jahr 2011 mit einer Neuerung auf. Im März soll im Dachgeschoß des Bürotraktes neben dem Museumsneubau ein Egon Schiele Dokumentationszentrum eröffnet werden, das sich vor allem den Autographen Schieles, Fotodokumenten, seinen Reisen und Ateliers widmen wird. www.leopoldmuseum.org
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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