Werbung
,

Leiden am Schweinfurter Grün

Von der Moderne zur europäischen Stadt. Architektur Forum 2002, Stuttgart, 19.-21. 7. 2002 Eine Bestandsaufnahme und Positionsbestimmung der Moderne sollte es sein, anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Stuttgarter Weißenhofsiedlung. Das Programm teilte sich entsprechend in einen historischen Teil mit Schwerpunkt Denkmalpflege und Moderne und einen mit Positionsbestimmungen zeitgenössischer Architekten im Modernekontext. Teilen sollte sich wohl auch der Besucher, der sich wegen der Parallelität der Vorträge ständig zur Auswahl bzw. hektischem Wechsel zwischen beiden Räumen gezwungen sah. Die kanonische Sicht des Funktionalismus vertrat die Einführung der Weißenhof-Fachfrau Karin Kirsch, gefolgt u. a. von Günther Behnisch und Dietmar Eberle, der sympathischer­weise auf einen Baumschlager/Eberle-Werkvortrag zugunsten grundsätzlicher Überlegun­gen zu seinem Modernekonzept verzichtete. Matthias Sauerbruch referierte mit Verve und Witz seine persönliche Modernegeschichte, während aus dem Munde Paul Kahlfeldts die kritische Modernesicht seines Mentors Vittorio Magnago Lampugnani und letztlich Hans Sedlmayrs sprach. Zwei Stockwerke höher wurden derweil Zahlen und Daten zur Restaurierung von Erich Mendelsohns Einsteinturm abgelesen, die Geduld der Anwesenden aber durch den folgen­den Vortrag Simone Hains über die Brünner Moderne und Mies\ Haus Tugendhat belohnt. Viele Bildbeispiele belegten das subtile Eingehen der tschechischen Funktionalisten auf stadträumliche Situationen und Gegebenheiten, das mit Mies\ Ansatz letztlich wenig ge­meinsam hatte. Im Publikum stieß das Thema auf einige gezischelte Ablehnung. Schade daher, dass die beiden Schlussgespräche, die viel kontroverses Material geboten hätten, weitgehend unter Ausschluss der Zuhörer als Podiumsdiskussionen geführt wurden. Ein bezeichnender Kommentar kam vom Enkel Oskar Schlemmers, der an das von Schlemmer gehasste \"Schweinfurter Grün\" erinnerte, das Gropius für das Dessauer Schlemmer-Haus bestimmt hatte. Die \"weiße Moderne\" als Zwang zum Schweinfurter Grün? Für eine Vertiefung fehlte letztlich wegen des üblichen Überziehens der meisten Referenten die Zeit. Die \"offenen Foren\" des nächsten Tagers fielen wegen mangelnden Interesses aus. Der Vorhang zu; noch immer alle Fragen offen.
Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: