Breth, Rainer, Marihart

Bis vor kurzem war ich der Meinung, das „Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse“ wäre eine echt wichtige Auszeichnung. Doch vor einigen Tagen wurde ich eines Besseren belehrt: „Ich denke in Farbe. Erni Marihart wird für ihre Liebe zur Malerei ausgezeichnet“ titelte die Zeitschrift Format, bezeichnenderweise in der Rubrik „Biz Talk“. Darüber präsentierte die glückliche Preisträgerin gemeinsam mit einem jovial lächelndem „Landsvater Erwin Pröll“ stolz ihre frisch erworbene Auszeichnung. Ihr Mann, der „Agrana-Boss“ Johann Marihart sowie die „Freunde der Kunst“ Rotraud und Christian Konrad waren ebenfalls zugegen, wie man bildermächtig demonstriert. Kennt irgendjemand Erni Marihart? Das Ehrenkreuz, heißt es im Gesetzestext, wird „an Personen des In- und Auslandes verliehen, die sich durch anerkennenswerte Leistungen auf diesem Gebiete Verdienste erworben haben“. Doch wie groß können die Verdienste von jemandem sein, der in keiner einzigen irgendwie relevanten Institution in Österreich, geschweige denn im Ausland, ausgestellt hat? Vielleicht liegen die „anerkennenswerten Leistungen“ aber auch bloß im engen Kontakt zu ÖVP-nahen Personen: Nicht nur Konrad, sondern auch der Ehemann der Preisträgerin sind eindeutig diesem Spektrum zuzuordnen – schließlich wurde letzterer erst kürzlich in seiner Funktion als Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreichs wiederbestellt. Zufall? Nicht, dass man derartige Ehrenbekundungen überschätzen darf. Andererseits: so egal ist es auch wieder nicht, wem ein Land seine Auszeichnungen zukommen lässt. Eine völlig unbekannte Malerin steht nun in einer Reihe mit Andrea Breth, Leon Askin, Roland Rainer und zahlreichen anderen, die die Kunst tatsächlich weitergebracht haben. Sicher, eine Skurrilität wie die Ehrung einer wirklich unbedeutenden Künstlerin erscheint eher als Fußnote im Kunstbetrieb. Über die politische Kultur und den Umgang mit Kunstschaffenden in Österreich sagt sie dennoch viel aus.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!

Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum

Notwendig

Rudolf Schramm | 01.12.2010 01:48 | antworten

Bravo! Ein notwendiger Artikel angesichts der Klüngeleien in diesem Land.