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Art Karlsruhe: Mit dem Diskus auf Tauben schießen

Ein Motto macht noch keine Messe, und im Falle der art Karlsruhe ist dies auch besser so. Letztes Jahr war man „Eldorado der Kunst“ , im Jahr davor versicherte man „Garantiert gute Kunst“. Die achte Ausgabe der art Karlsruhe rotiert unter „Drehscheibe der Kunst“, gleichsam als Untertitel wirft man noch ein „Qualität und Vielfalt zugleich“ hinterher. All das ist irgendwie auch zutreffend, jedoch auch halt nur irgendwie, denn um ein klares Profil ringt man nach wie vor, wenngleich sich die Qualität wieder etwas gebessert hat. Vielleicht fehlt noch die eine oder andere zugkräftige Galerie aus dem Bereich der international agierenden Zeitgenossen. Es stimmt durchaus, dass die Galerien hier mehr als gut verkaufen, das Publikum ist interessiert und kaufkräftig, das Einzugsgebiet überschreitet die französische sowie die Schweizer Grenze und die Kundschaft erweist sich, darf man so manchen Ausstellern glauben, als äußerst treu. Dem Anspruch, Qualität und Vielfalt gleichermaßen zu bedienen, wird man auch dieses Jahr im Angebot der klassischen Moderne gerecht: bei der Düsseldorfer Galerie Ludorff beispielsweise mit diversen Strandszenen Von Max Liebermann in Öl auf Karton oder als Pastell aus den Jahren 1900 und 1908, Ernst Ludwig Kirchners Alpenveilchen (1917) oder einem späten Blumenstillleben von Karl Schmidt-Rottluff (1961). In diesem Umfeld wird auch Karin Kneffels 2004 gemaltes „Interieur mit Hund“ zum Klassiker, dessen Provenienz mit „österreichische Privatsammlung“ angegeben ist. Auch die Galerie Werner (Köln) setzt dieses Jahr auf die Kombination von vergleichsweise Älterem mit Jüngerem. Ganz wunderbar hier eine Serie aus 19 kleinen erotischen Zeichnungen von André Derain aus dem Jahr 1937 oder eine 2007 entstandene Papierarbeit aus der Remix-Reihe von Georg Baselitz. Als Karlsruher Klassiker nachgerade erstaunt Markus Lüpertz mit einem ganz reduzierten Stillleben mit Totenschädel, erst im letzten Jahr entstanden, und einem überlebensgroßen Pferd auf Leinwand, „Troya – dithyrambisch“ aus dem Jahre 1976. Gleich zwei Galerien, Kampl (München) und Frank Pages (Baden-Baden) haben sich für eine One-Artist-Koje von Peter Weibel entschieden. Man sieht sie immer wieder gerne, die Arbeiten aus den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren. „Polizei lügt“ beispielsweise. Auf die Frage nach der Auflage erfährt man bei Pages, dass es sich bei diesem Abzug um ein Unikat des Künstlers handele. Auch Automatenfotos oder 16mm-Filme können auf diese Weise erstaunliche Größen erreichen. Reproduktion als künstlerische Geste. Auf die Begriffsklauberei, was der Käufer beim Erwerb derlei Blätter besitzt, möchte man sich lieber nicht einlassen. Dann schon lieber bei Kampl Weibels „Venus im Pelz“ aus dem Jahr 2003, mit einer Auflage von 20, in dem quer durch die Kunstgeschichte die Klassiker der Venusdarstellungen am Bildschirm von der einen zur anderen übergehen. Da weiß man zumindest, was man hat. Neben der Stuttgarter Galeristen-Trias Sturm, Müller-Roth und Harthan, die wie jedes Jahr an einem großzügig gestalteten gemeinsamen Stand vorführen, dass sich Qualität und Vielfalt nicht durch Menge ersetzen lassen, sticht die Präsentation von Wagner + Partner ins Auge. Täuschend echt scheinen sich am Boden 50 Straßentauben aus Pappmaché von Maria & Natalia Petschatnikov zu tummeln. Die Wände ziert eine Vielzahl von postkartengroßen Arbeiten des immer gleichen Alltagsmotivs. Gefaltet, zerknüllt, lose gestapelt liegen verschiedene Euroscheine auf einem licht durchfluteten Fensterbrett. Gemalt in Öl auf Transparentpapier bekommen diese luftigen Arrangements wieder eine besondere haptische Qualität. Als schöne Geste hängt an der Nebenwand ein Teil von Peter Drehers Langzeitprojekt „Tag um Tag ist guter Tag“, für das der Karlsruher Künstler seit 1974 auf spiegelglatter Fläche mit neutralem Hintergrund stets das selbe Wasserglas auf Leinwand portraitiert. Messeneuling Ernst Hilger wiederum sieht die Lage in seinem geräumigen Areal sehr gelassen. Alfred Hrdlicka hat der dabei, einer altgedienten Sammlerschaft wegen, Gunter Damisch wie Oliver Dorfer und eine Reihe von Leuchtkästen von Daniele Buetti, mit denen er ziemlich im Trend liegen dürfte. Auf das Podium einer der Messeveranstaltungen geladen, hat er auch gleich einen weiteren Superlativ der art Karlsruhe preisgegeben. Es wäre hier „zweifelsohne das höflichste und freundlichste Personal einer Kunstmesse überhaupt“ anzutreffen. Wenn das nicht zum Motto für 2012 anregt.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Art Karlsruhe
10 - 13.03.2011

Messe Karlsruhe
76287 Rheinstetten/Karlsruhe, Messeallee 1
http://www.art-karlsruhe.de
Öffnungszeiten: 11-19 Uhr, Freitag 11-20 Uhr


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