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Kunstmesse Düsseldorf: Zwischen hoher Kunst und Edeltrödel

Die Kunstmesse Düsseldorf bleibt im soliden Mittelbereich Nun gut, sicher sieht sie deutlich schicker aus, aber vom Angebot her erinnert die Kunstmesse Düsseldorf doch ein wenig an die „Kunst & Antiquitäten München“ im Paulaner am Nockherberg. Und das ist ja nichts Negatives, denn solche Messen, auf denen man allerlei findet, das auf den hochwohlmögenden Super-Veranstaltungen à la Maastricht & Co keine Chance auf Zulassung hat, bieten auch dem weniger betuchten Zeitgenossen faszinierende Objekte, die qualitativ gut, aber eben preislich in der Regel maximal fünfstellig sind. Erstaunlich daher, dass einige Aussteller die da hineingehören (und die z. T. auch auf dem Nockherberg ausgestellt haben) heuer, zur 5. Ausgabe, weggeblieben sind. Bemerkenswert aber, dass einige Händler so viel von der Messe halten, dass sie direkt nach der AIFAF in Palm Beach (siehe den Bericht auf artmagazine.cc) schon in Düsseldorf wieder aktiv sind, und Budja Salzburg und Nöth Ansbach stellen dann gleich wieder auf der neuen „Naples International Art and Antiques Fair (NIAAF)“ in Florida aus (25. Feber bis 1. März), David und Lee-Ann Lesters neuer Spielwiese. Immerhin haben rund 80 Aussteller die Messe beschickt. Und gute Namen sind dabei: Brenske mit Ikonen, Budja mit Warhol und Sikabonyi mit Glaskunst (die beiden einzigen Österreicher), Eberwein mit Alt-Ägypten, Hardt mit Himalaya-Kunst und Ostasien, Klimczak mit Pop Art, ebenso Fluegel und Roncak, Nolte mit seinen französischen Pendulen und Roatsch mit Biedermeier, ebenso auch Britsch jun., Schepers mit Silber und Röder mit Schmuck, Steinbeck mit Meißen und und und. Das Angebot reicht in der Spitze in der Maastricht-Bereich hinein, so viel steht fest. Düsseldorf geht auch in den Bereich des Edeltrödels, der ganz viel Spaß machen kann. Aber: Der Kern des Angebots bewegt sich im soliden Mittelbereich. Und niemand wird wohl verneinen, dass es solcher Messen bedarf. Im Fußball – das Stadion liegt gleich an den Messehallen – weiß jeder, dass die Champions’ League ohne den ganzen Unterbau nicht funktionieren könnte. Warum soll das auf dem Markt für Kunst und Antiquitäten so schrecklich anders sein? Der Rundgang auf der Messe ist ein überaus angenehmes Erlebnis. Den Freunden Asiens wird Gutes geboten: Bei Ruetz Kotobuki (München) bekommt man etwa das wundervoll bizarre Blatt mit der Mondpinie im Uemo-Tempel (1857) aus der Serie „Meisho Edo Hyakkei“ (100 Ansichten von Edo) des Utagawa Hiroshige (1797-1858), das übrigens Van Gogh inspiriert hat, um 4200 Euro. Oder bei Peter Hardt (Radevormwald) einen Bronze-Nandi (das ist der Stier, der von Shiva geritten wird; ca. 1850) aus Thailand, weiland ein Geschenk aus Anlass der Geburt des Königs Rama V., der begann, Thailand aus der Kolonialherrschaft zu führen (1853-1910), um 47.000 Euro. Viel Schmuck gibt es, wie auf jeder Altkunstbörse, und man bekommt heftiges Interesse mit. Auch Porzellan und Silber sind gefragt. Wenn der Porzellanmarkt auch so seine periodischen Aufs und Abs hat, Meißen geht fast immer. So etwa bei Steinbeck (Aachen), die gleich zwei hervorragende Figurengruppen von Kändler/Meyer hat, nämlich die „Cris de Paris“ und etliche „commedia dell’arte“-Figuren (zu Preisen zwischen 15.000 bis 20.000 Euro). Französische Teppiche hat’s bei Setareh (Essen), solche aus dem Orient bei Lerch (München). Da ist man stolz auf einen Mochtaschem (Keschan Mohtascham) aus Zentralpersien, 19. Jahrhundert, Naturfarben, um 34.000 Euro. Das ist eben mehr als nur Bodenbelag. Maastricht-Qualität haben die MP3-Player der Vergangenheit, die mechanischen Musikautomaten. So etwas gibt es etwa beim „Technischen Kunsthandel Kling“ aus Wangen im Allgäu, wo zum Beispiel eine 1800 gebaute Harfenuhr („Carstens“, Norddeutschland) fasziniert (drei Walzen mit zehn Melodeien; 48.000 Euro), aber auch bei Georg Britsch jun. (Bad Schussenried). Britsch hat nämlich neben seinem Standardprogramm mit Möbeln, etwa einer Kommode aus Palma de Mallorca, entworfen von Adrian Ferrann ca. 1800 (48.000 Euro) ein Klangmöbel dabei, eine absolutes Meisterwerk, das 1880 in Genf für den chinesischen Markt gebaut wurde. Eine aufwendige Luxus-Maschine, komplett mit Engelsstimme (selten), das zwölf chinesische Melodien spielt. Im Spielwerk sieht man auch drei Chinesen aus Silber, die die Schellen schlagen. Das Gerät kam während des Boxeraufstandes auf abenteuerliche Weise nach Europa zurück. A propos Möbel: Tilman Roatsch (Haag i. Obb.), der auf der BRAFA in Brüssel brillierte (siehe den Bericht auf artmagazine.cc), tut das auch in Düsseldorf, aber mit gebremstem Schaum. Er sagte dem artmagazine.cc: „Ich bin hier bewusst mit der soliden Mittelware angetreten.“ Solide in der Tat: etwa mit einem klassisch-schlichten Münchner Biedermeier-Kleiderschrank (1815) aus Kirschbaum, mit originalen Beschlägen, um 16.500 Euro. Für Art Déco in echt edel bürgt Uwe Marbs (Art Déco 1925) aus Baden-Baden. Alles auf seinem Stand ist sowohl hübsch wie extravagant, manchmal beeindruckend, und das Preisniveau beachtenswert günstig: Zwei fantastische Clubsessel kosten 8.500 Euro. Reinhold Bürgerhausen (Aachen) hält das Fähnlein der Gotik ausrecht, etwa mit einer Anna Selbdritt, um 1500, aus der Augsburger Werkstatt des Hans Beierlein (81 cm hoch, 49.000 Euro). Wunderkammerobjekte sind oftmals wunderlich, manchmal wundersam. Wachholz (München) etwa zeigt einen selten großen Sägefischzahn, komplett mit allen Zähnen. Eine solche „Naturalia“ bekommt man um 1700 Euro. Nolte (Münster) hat seine beeindruckenden französischen Uhren dabei und zeigt auch etwas von seinem zweiten Standbein, der zeitgenössischen Kunst. Ebenfalls aus Münster: Schepers, der Mann für’s Silber. Glanzvoll und solide. Ikonen sind unter anderem durch Brenske (München und Zürich) gut vertreten. Er zeigt unter anderem eine imposante, um 1770 in Zentralrussland entstandene Jahresikone mit, oben, dem segnenden Gottvater – was sehr selten ist. Der „Seniorchef“ kostet 35.000 Euro, und Stefan Brenske sagte dem artmagazine.cc: „Die Vernissage war überaus gut besucht und eine tolle Sache. Wir erwarten noch viel!“ Das trifft auch für die Nachkriegsmoderne zu, die in Düsseldorf sehr gut vertreten ist. Thomas Schneider (München) verkaufte ein großes Gemälde von Bernhard Schultze, „Ein Sommertag aus Aberwitz“ aus dem Jahr 1988 (im Juni ersteigert und doch recht fix weitergegeben, Glückwunsch). Schneider hat aber auch einen sehr stimmungsvollen Oswald Achenbach (110.000 Euro) und Liebermann und Lesser Ury. Klimczak (Viersen) besticht mit Pop Art, besonders durch Tom Wesselmann, aber auch Warhols buntem Kölner Dom. Mit Warhol ist auch Rudolf Budja (Salzburg) dabei. Mit Wesselmann aber auch Fluegel/Roncak aus Nürnberg. Eine Ikone: Die Lithografie „Seascape Tit“ von 1967 (9.500 Euro). Schließlich zu den Zeitgenossen: Depelmann (Langenhagen) pflegt Langzeitbeziehungen zu seinen Künstlern. Besonders beeindruckend die riesenhaften Radierungen von Johannes Haider (12er, je 1.650 Euro). Bestseller bei „Die Galerie“ Silvia Strüßmann (Detmold) sind Karl Heinz Essig (Gemälde 4.500 bis 12.000 Euro) und der Skulpteur Evert van Hemmert (kleine um 1.800, große bis 12.000 Euro). Von Stefan Pietryga hat’s eine vergoldete Stele bei Bengelsträter (Düsseldorf) und die Galerie G aus Heidelberg zeigt, um 17.000 Euro, Skulpturen in Fortuny-Faltung von Herbert Mehler, die im Dezember in Miami Aufsehen erregten. Den Vogel abgeschossen hat, im wahren Sinne des Wortes, Peter Wall (retep-limes-Kunsthandel, List/Sylt). Er hat in einer Vitrine einen kupfernen Eierkocher für zwei Eier in der Form eines Huhnes stehen. Und der ist von Richard Riemerschmid, um 8500 Euro.
Mehr Texte von Gerhard Charles Rump †

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Kunstmesse Düsseldorf
16 - 20.02.2011

Messe Düsseldorf
40474 Düsseldorf, Stockumer Kirchstraße 61
http://www.akduesseldorf.de


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