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Erik Van Lieshout - Echter Luxus: Koons’ Alptraum

Wenn sich Künstler in anderen Berufen versuchen, dann kann das gründlich schief gehen. Erik van Lieshout etwa betrieb drei Monate lang ein Geschäft in einer Shopping Mall in Rotterdam. Schon mit seiner ersten Idee scheiterte er: Die Strategie, sich selbst zu vermieten – für Hilfsarbeiten und ähnliches – erwies sich als wenig zielführend. Das hätten die Leute „nicht verstanden“, erzählt er. Darum stieg er auf Warenförmiges um – das er in Teilen derzeit in der Galerie Krinzinger präsentiert. Der nachgebaute Geschäftsraum wirkt freilich eher, als wäre er von Hooligans zertrümmert worden denn als Ergebnis durchdachten Shopdesigns: Schrauben, Muttern, Werkzeuge, Töpfe mit Erde, Sperrholzregale und allerlei mehr bilden ein ziemliches Chaos. Bevor man dieses betritt, passiert man die in Blockbuchstaben aufgeklebte Mitteilung dass der wahre Luxus in der Konsumverweigerung bestehe – nicht gerade der tauglichste Werbeslogan. Van Lieshout treibt seine Konsum-Rebellion mit punkiger Attitüde auf die Spitze. Zur Rekonstruktion seines ökonomisch dysfunktionalen Ladens gesellen sich Zeichnungen von beeindruckender Düsternis, die das Treiben im Shopping Center wiedergeben – wo alles aus dem Ruder zu laufen scheint, obwohl sich nichts Spektakuläres tut. Walküren lassen in Nagelstudios ihre überdimensionalen Hände maniküren; massive Figuren sitzen auf Bänken herum, scheinen auf ein Ereignis zu warten, das ganz gewiss nicht mehr eintritt; der Künstler selbst porträtiert sich mit einem völlig geschwärztem Kopf, man meint, ein Terroropfer vor sich zu haben. Zwischen diese Szenarien hängte er ein Plakat mit dem trashigen Schriftzug „autonoom“, an kaputte Schilder verwahrloster Gebrauchtwagen-Läden erinnernd. Mit seinen finsteren Momentaufnahmen, die in ihrem filmischen Format nahezu bedrohlich wirken, dekonstriert Erik van Lieshout die Glätte glitzernder Shoppingwelten. Seine alptraumartige Antithese zu allem Koons-, Hirst- und Murakami-Artigem. Seine regelrechte Vernichtung der Konsumtempel-Kultur nimmt sich vor dem Hintergrund bisweilen kaum erträglicher Durchkommerzialisierung des Alltags – trotz ihrer etwas überkommenen Ästhetik – überaus frisch aus.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Erik Van Lieshout - Echter Luxus
28.10 - 04.12.2010

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


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