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Ando

Es gibt Künstlerkünstler (Paul Thek etwa oder Gustav Metzger) und Architektenarchitekten (Toyo Ito, Jabornegg/Palffy). Wenn es nun um Künstlerarchitekten geht, also solche, die bauen und dabei speziell Leute ansprechen, die bilden, kämen mir zwei in den Sinn (und mein Dozentendasein an einer Kunstakademie bestätigt es laufend): Peter Zumthor, vor allem durch seine Feldkapelle in der Nähe von Mechernich in der Nähe von Köln. Sowie Tadao Ando, der wiederum durch seine „Kirche des Lichts“, bei der er, Prediger des Betons, vier Platten aus seinem bevorzugten Material dergestalt zur Rückwand fügte, dass schmale Schlitze übrigblieben, durch die der Tag dringt und ein menetekelhaftes Kreuz aus purer Helligkeit hinterlässt. Sowohl Zumthor als auch Ando haben in diesen Werken etwas, man möchte sagen orthodox, Rituelles, beide schufen hier Sakralbauten, und womöglich ist es die Verbindung mit der Bildhaftigkeit, mit einer Art informeller Gestaltung der höchsten Form, die den Künstlern und denen, die es werden wollen, besonders zusagen. Zwei Bauten hat Ando bisher in Deutschland realisiert, auf der Museumsinsel Hombroich und bei Vitra in Weil am Rhein. Doch jetzt erst, im dritten Akt, wird er dem Ruf des Meisters der Meditation vollends gerecht. Für die Fondation Kubach-Wilmsen hat er eine kleine, feine Baukunst ersonnen, eine Landschaft aus festem und gegossnem Stein, ergänzt durch eine Fachwerkarchitektur, dem Idiom der Gegend, der Pfalz, entsprechend. Wolfgang Kubach und Anna Kubach-Wilmsen sind übers Regionale hinaus bekannt durch ihre Bücher aus Marmor. In Bad Münster am Stein, Nomen est Omen, zeigen sie, in unmittelbarer Nähe des Ateliers, in einer Art Skulpturengarten, was sich angesammelt hat in vierzig Jahren gemeinsamer Tätigkeit. Ando wiederum liefert das Ambiente. Es sind seine Betonplatten, in denen das Vokabular zu sich kommt. 90 mal 180 Zentimeter messend und damit das traditionelle Format der Tatami-, der japanischen Reisstroh-Matten aufgreifend, bauen sie sich zu Mauern auf und gliedern das Areal in zwei Höfe und einen Innenraum (diesem Raum ist eine Fachwerkkonstruktion aufgepfropft, zum Teil aus 250 Jahre alten Balken bestehend, sie wurden extra angeliefert). Die betongraue Oberfläche ist aufgelockert durch jeweils sechs kreisrunde Öffnungen, in denen die Bolzen stecken, die die Schalbretter beim Gießen in der Fasson hielten; mit einer Gumminoppe verschlossen, ziehen diese Öffnungen einen eigenen Rapport über die Gleichförmigkeit, und es erinnert nicht von ungefähr an Otto Wagners Postsparkassenamt. Der Eindruck ist modernistisch, puristisch, kanonisch streng, ein Steingarten durch und durch. Der Lapidarität des Ensembles entsprechend ist es den Jahreszeiten ausgesetzt, die Hütte ist nicht beheizbar und wird ab kommender Woche winterfest gemacht; im Frühjahr geht es weiter. Die Anlage selbst indes und ihre wunderbare Perfektion (man achte auf die Einpassung der Dachrinnen) kann man natürlich besuchen, sie umgehen, von den Böschungen her begutachten und durch die Öffnungen blinzeln. Anbei Impressionen. Informationen: www.fondation-kubach-wilmsen.de
Mehr Texte von Rainer Metzger

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