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Ende des Gemüsekellers

Architekturzentrum Wien Wien Mitte. gestern_heute_morgen bis 19.08.2002 Wer einmal einen Fuß in die Markthalle Wien Mitte gesetzt hat, weiß, was Grauen ist: Atombunker-Flair mit einem kräftigen Schuss Tiefgarage und abgehängten Siebziger-Jahre-Gitterdecken im Zustand fortgeschrittener Verrottung. Obwohl die Halle des Bahnhofs selbst, abgesehen von der katastrophalen Wegeführung zur U3, eigentlich so übel nicht ist und dem Autobusbahnhof an der Marxergasse immer noch der spröde Charme von Industriebrachen der Vorkriegszeit eignet, schien eine Umgestaltung des balkanesken Verkehrsknotens also vielversprechend. Man hat es geahnt: ein neues \"Urban Entertainment Center\" soll her, mit vier Hochhausteilen und seit Bekanntwerden der Pläne heftigst angefeindet. Das AZW ist nun Schauplatz einer bei freiem Eintritt zugänglichen Präsentation des Ausführungsprojekts der Gemeinschaft Ortner & Ortner, Neumann & Steiner und Lintl & Lintl. Der Tenor ist deutlich: Es ist alles eh nicht so arg, und mit dem Canaletto-Blick vom Belvedere soll bitte keiner mehr kommen. \"Mut zum Neuen\" wird mit Bejahung des Projekts und Kritik daran entsprechend mit reaktionärer Verbohrtheit synonym gesetzt. Auf diese Entweder-Oder-Nötigung sollte man sich nicht einlassen und die das Großprojekt und seine Geschichte nüchtern betrachten: Auf die anfängliche Ortner/Ortner-Planung pseudo-divers strukturierter Scheiben folgte die Idee, die oberen Teile aus ihrer Achse zu drehen. Begründet wird dieser Gimmick mit dem parallelen Knick des nahen Wienflusses, was eine harmonische Einfügung in die Stadtstruktur zur Folge haben soll. Man wird sehen. Von der Wirkung im Stadtbild und seinen Blickachsen kann man sich mit Hilfe maßstabgetreuer Fotomontagen und Stadtmodelle ein Bild machen. Die unterschlagen freilich ein besonders nervtötendes neues Element der Wiener Skyline: die blinkende, leuchtende Riesen-Werbetafel am Donaukanal. Erstaunlich, dass diese penetrante optische Belästigung nicht auf mehr Entrüstung stößt als ein nicht besonders geniales Bauprojekt.
Mehr Texte von Iris Meder †

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