Werbung
,

Konzertierte Aktion in Zeiten der Standortstärkung

„dc open“, zweite Ausgabe: Zum zweiten Herbstauftakt zeigen 69 Galerien in Düsseldorf und Köln ihr Programm Eine üppige Sponsoren-Schar von Pilsner Urquell – hinsichtlich Altbier oder Kölsch war ein Kompromiss wohl kategorisch auszuschließen - , über die Art Cologne und die beiden beteiligten Städte, bis zum NRW-Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie: Keine Frage, die beiden zickigen Rhein-Töchter Köln und Düsseldorf zusammen zu führen, das ist schon eine Kunst! Und darum geht es denn ja schließlich auch (zum immerhin zweiten Mal), um die kommerzielle Ebene bildender Kunst, nämlich die aktuellen Offerten von insgesamt 69 Galerien aus den zwei Rhein-Metropolen. Man könnte auch sagen: Kunst in Zeiten der Standortstärkung. Was die aktuelle Bonner Ausstellung „Der Westen leuchtet“ schon als eine Art Leistungsschau des Rheinlandes zu vermitteln sucht und die in wenigen Tagen startende Düsseldorfer „Quadriennale“ mit der ebenso extensiven wie intensiven Reanimierung der Avantgarde-Ikone Beuys mehr als flankierend unterstützt, belegt dies offensichtlich: Eine konzertierte Kultur-Aktion und Ego-Stütze zum umsatzrelevanten rheinländischen Winter-Halbjahr. Vor allem also zunächst mal ein Vermarktungs-Beben, dessen Ausläufer vor allem in Berlin zu spüren sein sollen. Das heftige Dementieren könnte keine schönere Bestätigung sein. Doch immerhin bedient sich das Editorial der website (www.dc-open.de) der Formulierung „Netzwerk Rheinland“ und unterstreicht die „Regenerationsfähigkeit des dortigen Kunstbetriebs“. Wobei Köln, als Finanz- und kulturpolitisches Dauer-Krisengebiet, derzeit (und wohl weiterhin) das Kunstmarkt-Nachsehen hat gegenüber Düsseldorf (wohl immer noch halbwegs schuldenfrei). Denn nicht nur Christian Nagel ist nach Anwerpen gegangen, viel schlimmer: Linn Lühn (www.linnluehn.com) hat den Wechsel von Köln nach Düsseldorf (!!!) beschlossen und startet in ihren letzten Kölner Herbst mit dem Münchner Wahl-Berliner Florian Baudrexel. Dessen abstrakt gezacktes, architektonisches Wandrelief aus clean schlohweißem Styropor steht in gar nicht allzu fernem Kontext zu seinen kleinformatigen Collagen aus Magazin-Segmenten, deren städtebauliche Aufsicht jeder Google-Map das absurde Fürchten lehren. Was allerdings generell hinsichtlich klassisch-moderner Stilbezüge zeigt, dass es die ganz junge Avantgarde beim 2010er Jahrgang von ‚dc open’ eher schwer hat. Das diesjährige Programm-Motto mag es andeuten: „Legendary Contemporary“. Ein alter galeristischer Düsseldorfer Fahrensmann wie Hans Mayer (www.galeriemayer.de), der einst Beuys und Warhol in seiner Galerie leibhaftig zusammenführte, fasste kürzlich die auf Sicherheit bedachte aktuelle Kunstkäufer-Mentalität unter der Formulierung „Vorliebe für rückwärts gewandte Programme“ zusammen. Der Markt hat offenbar ein Gedächtnis. Mayer, der derzeit in Düsseldorfer-Heerdt auf die Neubau-Sanierung seines Stammplatzes gegenüber K20 am Grabbeplatz wartet, offeriert gleichsam mottokonform den markteingeführten Amerikaner Bill Beckley, flankiert allerdings von Nuno Sousa Vieira aus Portugal, der Fenster, Türen, Tische, Objekte alltäglichen Gebrauchs umbaut und installiert zu kompakt ernüchterten Erinnerungs-mälern - und er fragt: „Haben Gegenstände ein Gedächtnis?“. Dazu allerdings nur in Düsseldorf, parallel zu „dc open“, die Unternehmung „deutschlandpremieren“, die in 30 Düsseldorfer Galerien, die ganz besonders auf den Rückenwind der „Quadriennale“ setzen, bisher noch nie in Deutschland gezeigte Künstler präsentiert. So konzertiert geht es also zwischen Köln und Düsseldorf nun auch nicht wieder zu... In Düsseldorf benötigen die art victims demnach zwei Info-Broschüren. Die Eindringlichkeit der letzten Dinge dokumentieren Luis Camnitzers skripturale Tafeln in der Düsseldorfer Galerie Ursula Walbröl (www.galerie-walbroel.de ). In vielfacher Hinsicht minimalistisch wurden hier die letzten Worte und Sätze zum Tode verurteilter Insassen zusammengetragen: die Politisierung von Konzeptkunst. Camnitzer, ein Pionier der Konzeptkunst, kritisiert die gegenwärtigen politischen Realitäten aus einer Perspektive, die von seinen eigenen Erfahrungen mit lateinamerikanischen Diktaturen geprägt ist. Camnitzer lebte seit den 1960er Jahren in New York , nachdem er 1937 in Lübeck geboren wurde und später nach Uruguay emigrierte. Die immer noch viel zu wenig bekannte Kölner Galeriearbeit Werner Kleins (www.galleryklein.com) offenbart sich zu ‚dc open’ in Form eines 10jährigen Jubiläums. Das unbeirrt minimalistisch-konzeptuelle, auf die Zeichnung konzentrierte Galerieprogramm, wird charakterisiert als „Ort für das Leise in der Kunst“. Versammelt sind Arbeiten von Künstlern wie Karoline Bröckel, Frank Gerritz, Andreas Huyskens, Jan Svennungsson oder Sebastian Rug – um nur ganz wenige zu nennen. Was aber nicht minder einen Überblicksversuch zur „dc open 2010“ betrifft...
Mehr Texte von Roland Groß

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: