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all-over Mondrian. Kunst + Konsum: Eingelegt in Mondrianade

Ob man bei Kunsthistorikerinnen, ganz zu schweigen Kunstkritikerinnen damit punkten würde, sei dahingestellt. Dabei geht es gar nicht um Punkte, sondern um rechtwinklige schwarze Linienraster und nicht minder geometrische Felder in den Primärfarben Rot, Gelb und Blau. Allerdings soll im konkretem Fall die Bildsprache Piet Mondrians (1872 – 1944) des Mannes besten Freund zieren: Die Kondom-Werbung aus den frühen 1990er Jahren wirbt mit dem Text: „Sei kein Schlendrian, nimm Mondrian“. Nicht minder sophisticated: „ A little Piet of love“. Da hatte sich jemand einmal richtig Mühe gemacht beim Imagetransfer vom Kunstwerk auf den Konsumartikel. Was man nicht immer behaupten kann, wie eine leichthändig-tiefsinnige Kabinett-Ausstellung im Kölner Museum für Angewandte Kunst unter dem Titel „all-over mondrian. kunst + konsum“ offenbart. Ebenso wie der Künstler am Ende seines Lebens im Gemälde „Broadway Boogie Woogie“ (1942/43) sein Konzept auf das Straßensystem Manhattans legte, versuchte die Werbung vor allem in den 1990er Jahren das Konsumgesicht der Warenwelt zu „mondrianisieren“. Was dem Modeschöpfer Yves Saint Laurent zur Seiten der Op Art in den Sechzigern auf höchstem Niveau gelang, mutierte später als „Fink-Modell“ zum Low-Budget-Fummel, nicht minder zum Badezimmer-Set mit Kloschüssel-Charme. Gabriele Lueg und Romana Breuer vom Kölner Museum für Angewandte Kunst haben in die reichhaltig mondrianeske Kuriositäten-Kollektion von Professor R.G.Winkler greifen können. Der Sammler und Stifter indes nennt auch einen echten Mondrian sein Eigen, der der Ausstellung als lehrreicher Nukleus dient und nach Jahren als Leihgabe dem Museum vermutlich bald geschenkt werden soll. Begnügen muss man sich bis dahin mit mondrianisierten Feuerzeugen, einer Pflegeserie von L’Oreal, hautengen Radler-Leibchen, Duschtassen, Kindspielzeug, Geschenkpapier, Wilkinsons Damen-Rasierer, Herrensocken und Plastiktüten, die einst C&A adelten und offensichtlich imagefördernd wirkten. Nicht minder betrifft dies das Grafikdesign, Geschirr, Büroartikel und Reisegepäck: Wie gesagt all dies erinnert a bisserl an Mondrian, denn wir wollen ja nicht mit dem Urheberrecht in Konflikt kommen .... . Die Werbepsychologen attestieren dem „System Mondrian“ Klarheit, Frische, Ordnung, Reinheit und Zuverlässigkeit. Wie gänzlich anders verhält sich da der Massengeschmack hinsichtlich der authentischen Kunst Piet Mondrians. Vergleichbar den schwarzen Quadraten Malewitschs’, ist der ignorante Unisono-Chor seit Jahrzehnten zu hören: Die paar Linien und farbigen Felder – ist das denn Kunst? Leider fehlt den Museen inzwischen das Geld, derartige Fragen im Zusammenhang einer solchen Ausstellung zu vertiefen. In ganz anderer Weise ist im Juni dieses Jahres ein wahrer Kunst-Kenner dem Motto „Sei kein Schlendrian, nimm Mondrian“ gefolgt. Allerdings handelt es sich bei dem Diebstahl aus einem Provinzmuseum im niederländischen Winterswijk um ein gegenständliches Frühwerk (1908) Mondrians, das gerade mal mit 23 000 Euro versichert war. Als der Nachlass Yves Saint Laurents versteigert wurde, erbrachte ein „klassischer“ Mondrian 21 Millionen Euro. Also vermutlich doch kein Kenner, eher ein Schlendrian in Winterswijk.
Mehr Texte von Roland Groß

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all-over Mondrian. Kunst + Konsum
24.06 - 08.08.2010

MAKK Museum für Angewandte Kunst Köln
50667 Köln, An der Rechtschule
Tel: +49 221-221-26735, Fax: +49 221-221-238 85
Email: mfak@stadt-koeln.de
http://www.museenkoeln.de/museum-fuer-angewandte-kunst/
Öffnungszeiten: Di-So 11-17


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