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Verhandlungssache: Bausteine des neuen EUropa

Aktuelle und ehemalige Fellows des Künstlerhaus Büchsenhausen verhandeln Substanz, Selbst- und Fremdverständnis eines neuen EUropa. Nicht erst seit der griechischen (Finanz)tragödie und schon gar nicht erst durch sie allein stellen sich Fragen nach der Zukunft und Organisation des europäischen Staatenverbundes neu. Insofern leisten die hier versammelten Verhandlungsführer auch wertvolle Erinnerungsarbeit in turbulenten Zeiten: Erinnerung an Fragen nach dem Selbstverständnis Europas als Werte- und Kulturgemeinschaft, nach Abgrenzungsstrategien hier und Anbiederungsversuchen dort, nach gesellschaftlichen Prozessen respektive Regressen, gescheiterten Revolutionen, kolonialem Erbe, Nationalismen, Einheitlichkeit, Andersartigkeit. Ana Hoffner, geboren in Ex-Jugoslawien, seit 1989 in Wien lebend, überprüft die Organisation von Queerer Sexualität in Europa auf ihre Instrumentalisierung hin: Sie begreift sie u. a. als Legitimationsmodell zur Kolonialisierung eines „zurückgebliebenen“, zu zivilisierenden Ostens durch einen aufgeklärten, toleranten Westen. Das Mittel zur Gleichmachung spritzt sie sich im Rahmen einer Lecture-Performance, aufgezeichnet im Künstlerhaus Büchsenhausen, unter die Haut. Hoffners Arbeit gerät für Kurator Andrei Siclodi zu einer Art Mittel- oder Ausgangspunkt für die aus ineinander greifenden Bausteinen bestehende „Verhandlungssache“ über das neue EUropa. Und dort trifft Kolonialismus auf postkoloniale Studien: Brigitta Kuster, einst ebenfalls Stipendiatin in Büchsenhausen, arbeitete während ihres Fellowships an einer filmischen Expedition in koloniale Archive, festgemacht an den 1892 in Buchform erschienenen Aufzeichnungen des deutschen Offiziers Curt von Morgen über seine Reise nach Kamerun – „A travers le Camerun du sud au nord“. Im Flüsterton, wie der verblassende Traum von der exotischen Fremde, begleitet sein Expeditionsbericht diese halbdokumentarische Spurensuche in einem kolonialisierten Raum. Sehnsucht nach der neuen Welt? Mona Vătătmanus und Florin Tudors Arbeit „Il Mondo Nuovo“, angelehnt an das gleichnamige Fresko von Giandomenico Tiepolo, konterkariert diese Sehnsucht, indem sie das Publikum selbstvergessen auf eine Innsbrucker Baustelle blicken lässt. Madeleine Bernstorffs historische Recherche über die Suffragettenbewegung wiederum begegnet Ina Wudtkes ironischer Arbeit über die Außenseiterrolle von DJanes, in Anlehnung an das Musiknetzwerk „myspace“ mit „herspace“ betitelt. Vielfältig sind die Diskurse im neuen Europa. Man müsste sie nur aufgreifen.
Mehr Texte von Ivona Jelčić

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Verhandlungssache
11.06 - 24.07.2010

Tiroler Künstlerschaft / Kunstpavillon
6020 Innsbruck , Rennweg 8a
Tel: 0043-512-58 11 33, Fax: 0043-512-58 59 71
Email: pavillon@kuenstlerschaft.at
http://www.kuenstlerschaft.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 10.00-12.00, 14.00-18.00; Sa 11.00 -17.00; So und Feiertage geschlossen


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