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Le grand geste!: Wege aus der Krise

In Düsseldorfs „Museum Kunst Palast“ kommt es derzeit zu einem informellen Veteranen-Treffen jung gebliebener, dennoch teils vergessener etwa 60 Künstler mit rund 200 Werken. Die historische und stilistische Analyse scheint ebenso verknäuelt zu sein wie das gesteuerte Zufallsprinzip der Farben und Gestaltungsverfahren auf den Bilderkörpern, die zwischen Amerika und Kassel – dort gefeiert auf der documenta 1959 – nicht zuletzt den Begriff „Westkunst“ auf den diskursiven Weg brachten: all dies auch ein Instrument im Kalten Krieg: die freien Gesten hier, der propagandistisch instrumentalisierte Realismus der Arbeitshelden und kommunistischen Diktatoren-Gesichter dort hinter dem „Eisernen Vorhang“. Mit der documenta 1959 sowie einer großen Europa-Tournee des amerikanischen Abstrakten Expressionismus im Jahr zuvor, erhielt die so genannte informelle Malerei den offiziellen Status. Die Bedeutung der „Abstraktion als Weltsprache“ hatte sich durchgesetzt und etabliert. Und mit der bald folgenden „pop art“ löste New York das europäische Paris endgültig als Weltkunst-Hauptstadt ab. Das „Deutsche Informel“ , die non-figurativer Kunst, wollte eben gerade auch auf die Kraftmeiereien der NS-Schwellkörper-Kunst und jene Meister des deutschen Schamhaars reagieren, nicht minder aber auch auf die kühlen Rechtwinkel-Labore des Bauhaus. Kunstinnovative Gruppen-Gründungen wie „junger westen“, „zen 49“ oder „Gruppe 53“ (Keimzelle der Düsseldorfer Kunstszene) führte letztlich Künstler wie Emil Schumacher, Willi Baumeister, Fritz Winter, Peter Brüning, Hans Hartung, Ernst Wilhelm Nay, Gerhard Hoehme, Fred Thieler oder Bernard Schultze und Karl Otto Götz zusammen - und auf den Kunstmarkt. Ohne dass sie mit den Amerikanern am Kunstmarkt je Augenhöhe erreichten. Die Ausstellung lässt Düsseldorfs/Deutschlands Informellen fraglos den Vortritt – was sich auf Dauer gleichsam „all over“ visuell abschleift. Jackson Pollocks Großflächen-Inkunabel „Number 32“ wurde aus der benachbarten Kunstsammlung NRW herübergeschafft – nicht gerade Perspektiven erweiternd. Wichtige Positionen wie Mark Rothko oder Barnett Newman sind nicht repräsentativ vertreten, nicht minder Willem de Kooning: Auch diese Themenausstellung, die man als ein viel „Neues“ bietendes Übersichts-Konzentrat keinesfalls missen möchte und unbedingt empfehlen kann, lebt im Krisenzeitalter. Dafür gibt es allerdings eine herrlich gestisch zerkämpfte Großtat Emilio Vedovas von 1959, oder das „Painting Number 2“ von Franz Kline (1954), das De Koonings „Black Paintings“ aufnimmt: zum Niederknien! Dazu ein stimmiger europäisch-amerikanischer Dialog mit Emil Schuhmachers „Documenta III“ aus dem Jahr 1964: etwas, was dieser Ausstellung häufiger gut getan hätte. Der Japaner Shiraga und die Amerikanerin Helen Frankenthaler bescheren eine Wiederentdeckung und Neubewertung, nicht minder die Mikrokosmen des Deutsch-Parisers Wols, der der Pariser „Ecole de Paris“ nahe stand. Reanimiert werden auch die kalligrafischen Bildraumerschließungen des Chinesen Zao Wou-Ki von 1961. Jean-Pierre Riopelles’ gespachtelte All-Over-Mosaiken leuchten, um nicht zu sagen glitzern manchem prinzipiellen Bemäkler dieser angeblich „beliebigen“ Kunst heim.
Mehr Texte von Roland Groß

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Le grand geste!
10.04 - 01.08.2010

Museum Kunstpalast
40479 Düsseldorf, Ehrenhof 4-5
Tel: +49 211 566 42 100
Email: info@kunstpalast.de
https://www.kunstpalast.de
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-21


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