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Lust und Laster - Die sieben Todsünden von Dürer bis Nauman.: Zwei Mal Lust und Laster in Bern

Unter dem Titel „Lust und Laster“ präsentieren Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee nur noch kurze Zeit eine umfangreiche Schau mit Werken seit dem 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart, die den sieben Todsünden gewidmet ist. Obgleich es den Anschein haben mag, dass die Beschäftigung mit den Todsünden durch den zunehmenden Verlust des Einflusses der katholischen Morallehre heutzutage nicht mehr denselben Stellenwert wie in früheren Jahrhunderten hat, ist das Thema mehr als aktuell. So zeigt die Ausstellung überaus treffend, dass die Todsünden als moralische Leitlinien gesellschaftlichen Handelns in unserer Gesellschaft immer präsent waren und wie sie sich im Laufe der Zeiten in ihrer Relevanz auch veränderten. So folgten Zeiten der Völlerei, Trägheit und Wollust immer wieder Phasen von Geiz und Habgier, Neid und Zorn. Nur Hochmut und Eitelkeit scheinen gleichbleibend präsent zu sein und immer mehr auf dem Vormarsch. Insofern hält uns die Ausstellung einen Spiegel vor, dem sich von Raum zu Raum, von Werk zu Werk zunehmend schlechter entkommen lässt. Beginnend mit neun Räumen voller Zyklen, die den Sünden in ihrer Gesamtheit gewidmet sind, wird im Kunstmuseum mit der motiv-historischen Entwicklung ein gutes Fundament geliefert, um die nachfolgenden Einzelaspekte einordnen zu können. Das Kunstmuseum ist den Sünden „Superbia“ (Hochmut/Eitelkeit), „Invidia“ (Neid), „Ira“ (Zorn) und „Avaritia“ (Geiz/Habgier) vorbehalten, während das Zentrum Paul Klee „Luxuria“ (Wollust), „Acedia“ (Trägheit) und „Gula“ (Völlerei) eine Heimstatt bietet. Geschlossen wird der Reigen durch eine kulturhistorische Dokumentation und einigen „Artists in Residence“. Den Ausstellungsmachern Fabienne Eggelhöfer, Claudine Metzger und Samuel Vitali ist es vortrefflich gelungen, die üblichen Verdächtigen wie Baldung Grien und Burgkmair d.Ä., mit Altniederländern wie Bruegel und Brouwer, Jahrhundertwendesündern wie Kubin, Ensor, Klimt, als auch Grosz und Dix, sowie heutigen Klassikern zu vereinen. Letztere sind u.a. mit Werken von Nauman und Sherman, Goldin, Clark und Tillmans, Koons, Shonibare und Gilbert & George vertreten. Doch der wahre Wert liegt in der Vielschichtigkeit mit der das komplexe Thema angegangen wurde und in den zahllosen Entdeckungen. Zu letzteren dürfen unbedingt auch die Auswahl der Zeichnungen von Paul Klee gezählt werden, der mit feinem Strich allen Todsünden gedachte und somit immer mal wieder auftaucht. Es wäre vermessen in der Folge all die Namen derjenigen aufzulisten, die durch ihre Werke zum Gelingen beigetragen haben, deshalb seien hier stellvertretend das subtile Neid-Drama zweier Freundinnen um einen Ball von Kotcha Reist, der von Plüsch umgebene Spiegel namens „Ich liebe mich“ von Jean-Frédéric Schnyder und der uns alle betreffende „Tower of Babel“ von Paul Thek genannt. Österreichische Künstler finden sich nur vereinzelt in dieser Schau. Ausnahmen sind Gustav Klimt, Arnulf Rainer, Erwin Wurm und Muntean/Rosenblum. Weder Schiele noch Schlegel, geschweige denn West, Nitsch oder Krystufek haben es in den illustren Reigen geschafft. Abschließend darf noch bemerkt werden, dass es eine große – und in diesem Fall auch beabsichtigte – Lust ist, im reichhaltigen Katalog zu schmökern.
Mehr Texte von Harald Krämer

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Lust und Laster - Die sieben Todsünden von Dürer bis Nauman.
15.10.2010 - 20.02.2011

Kunstmuseum Bern
3000 Bern, Hodlerstrasse 12
Tel: +41 31 328 09 44, Fax: +41 31 328 09 55
Email: info@kunstmuseumbern.ch
http://www.kunstmuseumbern.ch
Öffnungszeiten: Di 10.00 - 21.00, Mi - So 10.00 - 17.00

Zentrum Paul Klee
3006 Bern, Monument im Fruchtland 3
Tel: +41 31 359 01 01, Fax: +41 31 359 01 02
Email: info@zpk.org
https://www.zpk.org
Öffnungszeiten: Di - So 10-17 h


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