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Changing Channels - Kunst und Fernsehen 1963 -1987: Die Eroberung der Dritten Dimension

Das Mumok zeigt in seiner derzeitigen umfassenden Frühlingsausstellung „Changing Channels“ rund 120 audiovisuelle Werke zum Thema Kunst und Fernsehen. Dabei steht nicht die Geschichte des Massenmediums im Zentrum, sondern die künstlerische Auseinandersetzung mit Television im Zeitraum von 1963 bis 1987. Kurator Michael Michalka erläuterte in seiner Eröffnungsrede eine thematische Schwerpunktsetzung, die aber angesichts der Fülle der auf vier Stockwerken gezeigten Objekte nicht immer ersichtlich ist. In der Halle des Eingangsbereichs (Ebene 4) entdeckt man als erstes eine Skulptur aus Fernsehgeräten von Nam June Paik und Shuya Abe: den „Video-Synthesizer“. Mit diesem seinerzeitigen Hightech-Gerät gelang es Paik, jedes eingespielte Fernsehsignal beliebig zu verändern und abstrakte Bilder zu erzeugen. Er hatte damit das Massenmedium Fernsehen in ein künstlerisches Element verwandelt, mit dem er den Bildschirm als Leinwand gestalten konnte. Diese Arbeit entstand ursprünglich 1969 – sie wurde 1992 ergänzt – und ist ein frühes Beispiel für die Auseinandersetzung der Fluxusbewegung mit Fernsehbildern. Die Produkte dieser Lust der Künstler, mittels Interventionen und Aktionen das Fernsehgeschehen zu beeinflussen, könnten sicherlich die ganze Ausstellung füllen – in den 60er bis zur Mitte der 70er Jahre spielte das vor-Ort-Intervenieren eine herausragende Rolle. 1975 entstand Ant Farms Video „Media Burn“ über eine Performance am Unabhängigkeitstag desselben Jahres. Es zeigt eine Wand aus Fernsehern, durch die zwei „Rennfahrer“ in einem als Rennauto umgebauter Cadillac rasen. Zuletzt beginnt die Wand zu brennen. Ant erklärt in einem einleitenden Statement, dass dies seine „Fernsehsucht heilen sollte.“ Zahlreiche lokale TV-Stationen berichteten über diese Aktion, wodurch Ant sowohl den von ihm gewollten Transformationsprozess des Massenmediums als auch mediale Aufmerksamkeit erreichte. Spezifische Formate, die weniger humoristisch das neue Zeitalter hinterfragten als vielmehr das Ziel hatten, neue Kunstrichtungen wie etwa die Land Art einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, sind auf Ebene 7 zu sehen. Es ist die „Fernsehgalerie“ von Gerry Schum, der unter dem Titel „Land Art“ Richard Long, Robert Smithson, Jan Dibbets, Walter de Maria u. a. kurze Beiträge gestalten ließ. Kurz vor Ausstrahlung der Reihe „Identifications“ wurde Schum von Sender Süd West Funk aufgefordert, die Sequenzen mit einem durchgehenden Kommentar zu unterlegen. Dies lehnte Schum ab, da bei einer „Malereiausstellung Bilder auch nicht dazu verwendet werden, willkürliche Anmerkungen anzubringen.“ Er verstand seine Beiträge als Galeriedarbietungen und filmte am Beginn der Sequenzen auch die jeweilige Vernissagerede bei Brot und Wein. Jenseits der Kämpfe mit den Sendern bewegte sich wohl in seinen letzten Lebensjahren Andy Warhol, dessen gesamtes „Fernsehwerk“ im Keller des Mumok, in der Factory, zu sehen ist. Da gibt es zum einen die 30minütige Serie „Fashion“, in der er die ProtagonistInnen der Mode – Models, DesignerInnen, FotografInnen u.a. - zu Wort kommen ließ. „Fashion“ wurde 1979/80 ausgestrahlt. Weiters gestaltete er „Fifteen Minutes“, das 1985-87 auf MTV lief. Diese halben Stunden basierten auf jenem denkwürdigen Satz Warhols, dass in Zukunft jeder Mensch für 15 Minuten berühmt sein werde. Warhol starb vor der Fertigstellung der letzten Sendung, seine Kunst war da aber schon längst in die Welt des Konsums und der Massenmedien eingegangen. Viel ließe sich noch zu den einzelnen Arbeiten des Rundgangs sagen, nicht zuletzt auch zu den österreichischenen Positionen eines Richard Kriesche, einer Valie Export oder eines Peter Weibel. Alles in allem hat sich die herkulische Leistung gelohnt, sich am Beginn neuer digitaler Bildwelten und eines sich verändernden Fernsehkonsums mit dem bereits klassischen Medium Fernsehen in derartiger Bandbreite auseinanderzusetzen. Die Tickets gelten, laut Auskunft der Direktion, für zwei Eintritte, um so „in Ruhe Fernsehen zu können“.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Changing Channels - Kunst und Fernsehen 1963 -1987
05.03 - 06.06.2010

mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr


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