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Zumindest einige

Eine merkwürdige Einladung war im Briefkasten. „Republik Österreich. Parlament“ steht drauf, „Einladung“. Als Kulturjournalistin kriegt man sowas eher selten. Im Inneren des schlichten Folders findet sich eine Anmeldekarte für die Eröffnung der Ausstellung „Zeichnung und Fotografie I“, kuratiert von Stella Rollig. Genau, da war doch was! Im Dezember 2007 hat die Nationalratspräsidentin angekündigt, man wolle via Ausstellungstätigkeit „versuchen, zumindest einige der jährlich über 100.000 Besucherinnen und Besucher des Parlaments für Kunst zu interessieren.“ Genauso wurde es damals in der Parlamentskorrespondenz formuliert: „zumindest einige“. Das gesamte Haus und sogar den Vorplatz wolle man nutzen, hieß es. Ein Wettbewerb für die „Gestaltung des Pallas-Athene-Brunnens“ wurde ausgeschrieben, schließlich störe „die notwendige Abdeckung des Brunnens in der kalten Jahreszeit doch erheblich“. Von diesen Ankündigungen blieb nicht viel übrig. „In Sonderausstellungen“, erklärt die aktuelle Vernissageneinladung, „präsentiert das Parlament Werke von Künstlerinnen und Künstlern“. Fragt sich nur, wem. Denn nach der Eröffnung im Büro der Präsidentin und in den der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Räumlichkeiten „besteht die einmalige Möglichkeit, die Ausstellung im Zuge einer Führung zu besichtigen.“ Allerdings auch nur für solche Personen, die im Besitz einer „Originaleinladung“ sind. Denn: „Weitere Führungen sind nicht vorgesehen“. Keine Rede mehr davon, dass man „zumindest einigen“ der 100.000 Parlamentsbesucher die Kunst näher bringen will. Aber anscheinend war, wie man hört, sowieso von vornherein geplant, nur die Ausschusslokale zu bestücken – als „Signal nach innen“. Gewiss kann man die Initiative würdigen – immerhin hat ja niemand die Parlamentsdirektion zu ihren Kunstaktivitäten gezwungen. Andererseits: Was soll das denn für eine „Ausstellung“ sein, die (fast) exklusiv den Parlaments-Mitarbeitern zur Verfügung steht? Neidvoll blickt man nach Deutschland. Dort wurde für den Reichstag unter anderem bei Gerhard Richter, Hans Haacke und Sigmar Polke Kunst geordert – alles selbstverständlich an hoch frequentierten, öffentlich zugänglichen Orten. Natürlich kann man auch wieder drüber streiten, was Richters monumentale Flagge nun wirklich bedeutet, und ob das mit der Erde von Haacke nicht doch ein bisschen in die falsche Richtung geht. Genau diese Diskussionen sind dann ja auch eingetreten. Im Gegensatz dazu muss man in Österreich den Abgeordneten anscheinend erst einmal – unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit – erklären, dass in diesem Land auch nach Klimt, Schiele und Kokoschka noch Kunst produziert wird. Danach kann man ja vielleicht „zumindest einige“ der Parlamentsbesucherinnen und –besucher damit belangen. Schon ein bisschen provinziell.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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