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Christian Rupp - Schafsnaturen: Am Anfang war das Logo ...

In seiner Schau in der ÖBV, stellt Christian Rupp zwei Serien aus, die auf den ersten Blick nicht konträrer sein könnten: „Schafsnaturen“ und „Invasion“. Für „Schafsnaturen“ komponierte er aus raffiniert zusammengesetzen Marken-Logos, bunte Patterns auf weißem Hintergrund. Seine Computer-Prints auf ausgezackten Rigips-Platten, wirken wie Wohnzimmertapeten, die gerade von der Wand gerissen wurden. Die bunten Rosetten, in Reihen oder einzeln verstreut, und kreuz und quer geschlungene, flirrende Musterketten scheinen, wie unbewusste Markenlogo-Ablagerungen in den Gehirnzellen, bereits deren organische Mikrostrukturen angenommen zu haben. Folgeerscheinung einer „mentalen Umweltverschmutzung“, wie es der Künstler nennt. Mit seinem eigens entworfenen Logo-Alphabet (Diplom, 2002) schreibt er die Werbebotschaften auf Tapeten, um sie als Glaubenssätze einer Konsum-Religion bloß zu stellen. Rupps Werbewelt wird durch Landschaftsbilder vervollständigt, die ganz und gar aus Markenzeichen, inklusive Markentieren und -Blumen zusammengesetzt sind. Die „göttliche Natur“ steht in Konkurrenz zu einer künstlichen Hyperwelt aus Massenprodukten, deren Hersteller folgerichtig zu Göttern werden. Das Lamm Gottes wird bei Rupp zum Schafsfell, dessen Aufdruck an das Logo eines Massenmediums angelehnt ist: „Keine Meinung“. Ein spitzbogenförmiges, hinterleuchtetes „Kirchenfenster“ bildet das zentrale Ausstellungsstück. Vergleichbar mit der Darstellung einer Bibelgeschichte auf einem mittelalterlicher Hochaltar, erzählt Christian Rupp mithilfe der Ikonographie der Markenbilder die zeitgemäße Variante des vorherrschenden „Glaubens“: Die zentrale Figur, ein Fast-Food-Clown, hält Neptun-gleich, den Dreizack eines der begehrtesten italienischen Sportwagenherstellers in der Hand. Die Auto Mobilität bescheinigt die materiell (ab-)gesicherte Existenz in einem Waren-Meer. Der „Deus in machina“ ersetzt Spirit durch Sprit. Über einem Muschel-Haufen und sechsbeinigem Tankstellen-Hund schwebt eine geballte Ansammlung von Reifen-Männchen. Rechts zeichnet sich die Landschaft des Vergnügens ab: ein „Gegenberg“ (Paramount-Logo) mit Feuerzeugflamme und Schokolade-Drachen wird von uniformierten, im Stechschritt laufenden Kerlen „Marke schottischer Whisky“ umrundet. Darüber schweben die 4-strahligen Sterne eines Televisons-Geräteherstellers. Über dieser irdischen Szene bildet in der Höhe des goldenen Schnitts, das Band der Fitness, aus blau-weiß gestreiften, zerschnipselten Trainigshosen-Streifen, die Trennlinie zum Jenseits: Den Himmel ziert zentral eine doppelte Rosette aus dem aktuellen Symbol für die Göttin des Sieges als Sportartikel-Modell. Nektar- und Ambrosia-Embleme bildet Rupp aus dem zum Clown gehörigen Ms, und dem C einer Bierfirma. Mandalas aus einer kristallförmigen Automarke, die seit Alf Poier ( - ups! ich wollte ja sonst keine Marken nennen) mit einer fernöstlichen Religionsrichtung verwechselt wird, symbolisieren die allerhöchste Mobilität. Christian Rupp setzt die Logos im Sinne der erweiterten Bedeutung, des griechischen Ausdruckes „lógos“ ein. Indem er mit diesen „Wort-Bildern“, Bilder schafft, die das geistige Vermögen, die sie hervorbringen, reflektieren, gelingt es ihm, einen „Gesamtsinn der Wirklichkeit“ veranschaulichen. Nach Griechenland entführt uns der Künstler auch in seinem 2.Teil der Ausstellung, “Invasion“, um die Kehrseite dieser Mobilität innerhalb der marktgerechten Wirklichkeits-Illusionsmaschine darzustellen: „Soldaten-Porträts“ nennt er seine Schwarz-weiß-Fotos vom Massenprodukt Plastik-Sessel, wobei Abnutzungserscheinungen den Individualismus der Abgebildeten demonstrieren. Die 180°ige Panorama-Fotomontage eines Strandes, zeigt ein Bataillon derselben Sessel, wie sie aus dem Meer kommend, an Land marschieren, wo die anderen schon in Reih und Glied aufgestellt warten - auf die Invasion der Touristen. Simple Tristesse außerhalb des Ferien-Paradies-Betriebs, - surreal real. Das Land, das ehedazumal von anthropomorphen GöttInnen-Statuen überflutet war, wird bei Rupp von Wegwerfobjekten besetzt. Er schafft mit dem Plastiksessel eine Ikone vom „modernen Menschen“, als dem Warencharakter untergeordnetes Subjekt, dessen Sterblichkeit als Abfall, und dessen Göttlichkeit durch die Unverrottbarkeit, gekennzeichnet sind. Der logische Kurzschluss der beiden Ausstellungsteile von „Schafsnaturen“ macht eine Vertauschung der Prämissen klar: Indem Rupp das eigentlich ungreifbare (Glück) und unfassbare (Sterblichkeit) der Existenz, fotografisch, dokumentarisch abbildet und umgekehrt, dem unmittelbar Materiellen der Warenwelt mittels abstrakter Logo-Muster, den Charakter der reinen Ideenwelt verleiht, macht er darauf aufmerksam, wie die ubiquitären, unentrinnbaren Ikonen des Begehrens, die Transzendenz in die Immanenz holen. Das Jenseits der höchsten Erfüllung, beginnt bereits hinter dem nächsten Schaufenster, während das Diesseits den touristengerechten Anforderungen erliegt - seit die Mode(r)-Revivals das Rad der ewigen Wiederkehr ersetzt haben. - „Prinzip einer Weltvernunft ?“ - „Logo!“
Mehr Texte von Renate Quehenberger

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Christian Rupp - Schafsnaturen
20.01 - 07.05.2010

ÖBV
1010 Wien, Grillparzerstraße 14
Tel: +43 1 40 120-0
http://www.oebv.com
Öffnungszeiten: Mo-Fr 8-16 Uhr


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Sinds nicht 3 Werkserien??
L.I. | 11.04.2010 01:09 | antworten
Bei der Eröffnung gabs ja auch die Schafsmasken un die manipulierten Kronen-Zeitungen und den Krone-Verkäufer-Mantel auf dem auch "Keine Meinung" stand...

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