Werbung
,

Halbherzigkeiten

Wer sich solche Diskussionen anhört, ist selber schuld. Es ist schon einige Wochen her, da debattierte man in der „Roten Bar“ des Volkstheaters zum Thema „Gender Check. Kennt Kunst kein Geschlecht?“ Anlass dafür war die Ausstellung im mumok. Eigentlich interessant fand ich weniger den Titel der Veranstaltung, sondern die, sagen wir, originell zusammengesetzte Teilnehmerliste: Heinrich Dunst, Erwin Wurm, Sabine Haag, Elisabeth von Samsonow und Carola Dertnig waren angekündigt – wobei letztere, bedauerlicherweise kann man nur sagen, fernblieb. Es hieß, wegen Krankheit; vielleicht war ihr aber einfach schließlich die ganze Angelegenheit dann doch zu blöd. Verstehen würd ichs. Denn schon die Ankündigung klang merkwürdig: „Frauen sind von der Venus, Männer vom Mars [...] Sind Chefinnen von Kunsteinrichtungen nur Quotenfrauen oder sind sie auf der Überholspur? Warum gibt es mehr Männer als Frauen im Kunstbetrieb? Sind sie einfach besser, weniger belastet durch Alltagskram oder sitzen sie auch hier an den Hebeln der Macht und des Marktes?“ Wurde hier ernsthaft in Erwägung gezogen, dass weibliche Führungskräfte „nur Quotenfrauen“ und Männer „einfach besser“ seien – oder wollte man bloß zwecks Besuchersteigerung auf derart flache Weise „provozieren“? Als Moderator dieser eigentlich ja schon vor ihrem Beginn verunglückten Veranstaltung fungierte Edelbert Köb. Wieso, blieb mir schleierhaft. Denn Köb war erstens offenkundig überhaupt nicht vorbereitet. Und zweitens stellte er dann tatsächlich Fragen im Stil von: Sind Frauen in der Kunst unterrepräsentiert? Herr Köb, dachte ich, Sie sind ja wirklich an und für sich ein super Museumsdirektor. Aber bitte schauen Sie doch einmal in Ihrem eigenen Haus nach. Gut, heuer gab es eine tolle Maria-Lassnig-Schau. Die groß angelegten Einzelausstellungen der vergangenen Jahre widmete man aber: Cy Twombly, Sigmar Polke, Yves Klein, Erwin Wurm, Franz Gertsch, John Baldessari, Gerwald Rockenschaub, Martin Kippenberger, Jeff Wall und Heimo Zobernig. Ist da eine einzige Künstlerin dabei? Eben. Birgit Jürgenssen und Frida Kahlo kann man sich 2010 ansehen. Nicht im mumok sondern im Bank Austria Kunstforum. Bei der Debatte kam dann, logisch irgendwie, nicht viel heraus. Sabine Haag erklärte, sie sei nie aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt worden. Elisabeth von Samsonow berichtete unter anderem über die Situation an den Kunstunis. Heinrich Dunst wollte nur über die Ausstellung „Gender Check“ diskutieren, die ihm offenbar ziemlich problematisch erschien. Erwin Wurm lobte die Künstlerinnen an sich, weil sie Themen wie „die eigene Befindlichkeit“ in die Kunst gebracht hätten. Man soll nicht pingelig und kleinkariert sein. Podiumsdiskussionen missglücken eben auch oft. Dennoch: Das Thema ist zu ernst, als dass man es derart halbherzig behandeln könnte. Vielleicht tue ich der Veranstaltung aber auch vollkommen unrecht, vielleicht wurde sie irgendwann doch noch instruktiv und spannend. Den Schluss habe ich nämlich verpasst. Nach ungefähr eineinhalb Stunden musste ich akut auf ein Bier gehen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: