Lisa Holzer ....BBBB: Affine Akkumulation
Gottfried Benn schrieb über die brodelnden Moore und Flügelschläge, die den stummen Säften in den Mooren zuviel Leid gewesen wären. Es gibt viele Gründe, sich darüber zu freuen, daß Sprache von den später entwickelten humanoiden Zellhaufen ein fortwährend weitergeschehendes freies Spielzeug für alle geworden ist.
Lisa Holzer behandelt in ihrer Ausstellung ….BBBB titelgetreu Buchstaben, die gehäuft in Erscheinung treten. Natürlich ist zu vermuten, daß Brigitte Bacardi Brandy Bardot oder Bazon Bugatti Benetton Brock in echt wahrscheinlich nicht vorkommen. Andererseits: die Möglichkeit, daß „…. BBBB“ soetwas bietet, ist reell gegeben. Daß das so ist, liegt an Konzeption und Assoziation, also Gedankenbewegungen, die man musterhaft wie einen ordentlichen Buttersemmelwalzer in die Hand nimmt und sagt, wie sehen Bilder viel- aber nicht eindeutig aus, zum Beispiel, und was macht aus, daß sie vielem ähnlich, aber manchem besonders, aber dann doch nicht so ganz…zum Beispiel, und Buchstaben sind hervorragende Beispiele für Ähnlichkeithaben und Andersbedeuten.
Es gibt darüberhinaus nicht einen, eindeutigen Pressetext, sondern vier, die uneindeutig sind, aber nicht so lang wie das Evangelium zu lesen dauern. Sie verweisen auf Begehren und Anderes. Für jemanden, der vielleicht gerade vor Lacan gewarnt worden ist, weil Gedankenwege Gedanken verändern, lesen sie sich mit dem süßen Flair der Gefahr. Sowieso erfreuen sich Buchstaben schon bei Aristoteles großer Wertschätzung – ihr Aussehen und ihr Aussagen ist unerschöpflich. Konzeptuell freundliche, einander verschieden ähnliche Salzteigsmileypaare sind ebenfalls zu sehen und ein vielfarbiger Pigmentprint, der an Malerei erinnert, was für Malerei und Drucktechnik ein Kompliment ist. Die Anordnung aller Exponate wirkt vornehm. Salzteig kann eventuell grad noch mit Fimo oder Marchmellows getoppt werden. Klargestellt werden muß aber, daß ein Smileygesicht oder mehrere aus Mehlsalzgebäck den Irrwitz aufgegangener Semantik erfreulich neu beleuchten - sollte in der Vorweihnachtszeit aus Gründen saisonaler Neutralität keinesfalls verpaßt werden.
Benn schrieb kein Wort darüber, was die Ur-Ur-Ahnen, glucksend in den Mooren, stummsaftig, eigentlich hätten sagen sollen und was das bedeutet haben würde. Andy Warhol hätte dazu vielleicht angemerkt: Von A nach B und zurück. Niemandem wird verboten werden, noch an viele andere A und B denken – neidfreier Luxus, schlicht und schön.
11.12.2009 - 10.01.2010
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