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AES+F: Le Roi de la Forêt: Kindercatwalk

Vor fünf Jahren waren sie mit Bildern aus einer Zukunft nach dem "Clash of Civilisations" in Graz zu sehen. Offenbar, so stellte sich das Moskauer Trio AES das damals vor, würde der Islam das bessere Ende für sich haben. Also gaben sie die Freiheitsstatue verschleiert oder den Berliner Reichstag als Moschee. Heute darf man sie mit der Vision, die sich ihrer einst bemächtigt hatte, für sensibel halten. Damals kam einem das eher sehr ironisch und etwas zynisch vor. Diesen Duktus, so zeigt sich in der Ausstellung der drei etwa 45-jährigen Post-Soz-Artisten bei Hans Knoll, haben sie beibehalten. Fünf Grossfotos auf Leinwand und ein Video dokumentieren eine Performance, die AES, zusammen mit einem Fotografen, der unter der Initiale F firmiert, im Thronsaal der Zarin Katharina auf die Bühne stellten. Im perfekten Sankt Petersburger Barock präsentieren sich an die 200 Kinder im vorpubertären Alter von dreieinhalb bis elf Jahren. Ballettelevinnen und Jungsportler, Adepten von Modelagenturen und sonstige Produkte ehrgeiziger Eltern werfen sich in Pose und in Unterwäsche. Das piekfeine Ambiente unterstreicht den Anspruch. Die AES-Aktion ist, so stellen es die Künstler heraus, ein Kommentar zur allgemeinen Infantilisierung der Welt. Das Schönheitsideal ist anorektisch und der intellektuelle Anspruch auf dem Niveau von Sechsjährigen. Das machen sich Benetton und Calvin Klein und die Fernsehprogramme jeder für sich und allein gegen alle zunutze. Die AES-Aktion ist auch, und darin meistert die Gruppe speziell viel Ironie und etwas Zynismus, ein Kommentar auf aktuelle Kunstmarkt- und sonstige Vorlieben. Denn natürlich ist ihr Arrangement eine Adaption von Vanessa Beecrofts Auftritten. Das Päderastische ein klein wenig forciert, die Haltungen etwas offener für kindlichen Bewegungsdrang: Dafür hat man die Unschuld ganz ohne rasierten Unterleib. AES wollen mit ihrer Performance auf Tournee gehen. Gerade hat man eine Schau in Kairo absolviert, im Herbst soll das Wiener MAK zum Catwalk werden. Irgendwann wird dann einer Kinderschändung wittern. Und AES dafür verantwortlich machen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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AES+F: Le Roi de la Forêt
08.06 - 27.07.2002

Knoll Galerie Wien
1060 Wien, Gumpendorfer Straße 18
Tel: +43 1 587 50 52, Fax: +43 1 587 59 66
Email: office@knollgalerie.at
http://www.knollgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-18, Sa 13-15h


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