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Glamour und Krise

Es funkelt und glitzert, farbenprächtig und pompös: Selten hat der project space der Kunsthalle Wien so viel Glamour erlebt wie mit der Ausstellung des gebürtigen Inders Raqib Shaw, der schon lange in London lebt. Shaw montiert in seiner eigenwilligen Technik Strasssteine und Glitter auf emaillierte Flächen, grundiert von Acryl – der Effekt ist umwerfend. In seinen furchterregenden Szenarien treffen Vogelwesen, groteske Skelette, Gefesselte mit Löwenköpfen und Flügeln, gekrönte Totenschädel und Kentaurenwesen in Kulissenarchitekturen, die manchmal an antike Kolosseen, manchmal an asiatische Tempel denken lassen, aufeinander. Langweilig wird es vor Shaws überbordenden Tableaux wirklich nicht – es bleibt jedoch die Frage, ob sie mehr vermögen, als sich in ihrer Pracht und Herrlichkeit vor uns auszubreiten. Was Shaws bühnenhafte Gewaltexzesse mit einigen der Arbeiten in der Ausstellung „Republic of Illusions“ (Kurator: Peter Nagy) in der Galerie Krinzinger teilen, ist ihre collagenartige Herstellung: Schon der erste Blick fällt in Krinzingers Räumlichkeiten in der Wiener Seilerstätte auf eine Posterserie von Ram Rahman, bestehend aus Montagen von Zeitungsausschnitten und Texten – als Entwürfe für eine Aktivistengruppe dienen sie dezidiert politischem Engagement. Doch auch die Fotos des Künstlers – auf einem davon ist etwa eine Wand mit Bildern unterschiedlicher Herkunft zu sehen – erzählen von den kulturellen und religiösen Konglomeraten Indiens. Dies scheint auch Anliegen von Probir Gupta zu sein, der hinter einem sitzenden Ghandi-Buddha Tafeln präsentiert, die in der Tradition von Shopsigns gemalt sind und auf Religionen verweisen. Nicht ganz frei von Anspielungen auf Religionen ist auch die Ausstellung bei Krinzinger Projekte, wo die Mithu Sen eine Art Beichtstuhl gebaut hat. Daraus dringen hastig geflüsterte Bekenntnisse der Künstlerin, die „Sünden“ ihre Kunst betreffend zugibt – etwa, dass sie sich selbst wiederholt habe. Die Fotos von Bharat Sikka stehen damit zwar in keinem direkten Zusammenhang, sind deswegen aber nicht weniger spannend: Er hat Oberschicht-Vertreter fotografiert, die, trotz sichtlichen Wohlstands, melancholisch und einsam wirken – ein gelungener Beitrag zur Krise der Männlichkeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Auf die freilich Indien nicht das Monopol hat.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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