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László Moholy-Nagy - Retrospektive: Aufbruch in die Medien Moderne

Die konstruktivistischen Bildkompositionen von László Moholy-Nagy, die auf dynamischen zueinander abgestuften Kreisen und Balken beruhen, wurden längst zu Leitmotiven der Moderne. Seine signifikanten Typografien stehen ikonografisch für die Aufbruchsstimmung der 1920er und 30er Jahre. Wie nur wenige prägte Moholy-Nagy (1895 - 1947) den visuellen Ausdruck der Kultur in der Weimarer Republik. Dass seine Konzepte jedoch zentrale Bedeutung für das gegenwärtige Verständnis von Medienkunst haben, kommt oft erst an zweiter Stelle. Daher liegt die besondere Bedeutung der László Moholy-Nagy-Retrospektive der Frankfurter Schirn Kunsthalle in der Herausarbeitung des Aspekts universeller künstlerischer Produktion und transmedialen Denkens des Bauhaus Protagonisten. Denn seine Entwürfe und Konzepte zur Durchdringung der räumlichen Dimension stehen neben jenen von Vertretern des abstrakten und experimentellen Films wie Dziga Vertov, Oskar Fischinger oder Len Lye in der vordersten Front der Medien Avantgarde. Was sich dem Publikum in den medienreflexiv angelegten Fotoarbeiten von Moholy-Nagy visuell eröffnet, setzte dieser in Lichtapparaturen und Bühnenkonstruktionen technisch fort. In die Welt seiner Raumkonstruktionen führt denn auch der dokumentarische Teil in der Franfurter Schirn mit Elementen der Rekonstruktion, Skizzen und Fotos von Bühnenbildern. Doch dachte László Moholy-Nagy über die Kategorien des traditionellen Theaters hinaus. Seine Auseinandersetzung mit Topographien, mit der Beziehung von Objekten zueinander und den Möglichkeiten einer Grammatik des Lichts im Raum führte schließlich zur Entwicklung multimedialer Environments. Sein „Licht-Raum-Modulatur“ (1930) kann als mechanische Vorwegnahme projizierter Visuals in der Sphäre der Digital Culture interpretiert werden. Auch sein „Lichtrequisit für elektrische Bühne“ (1930) deutet in diese Richtung. Der eigentlichen Take-Off in die Epoche der Medienkunst, aber lässt sich bereits mit seinem „Telefonbild EM 1“ (1922) ansetzen. Es entstand (annähernd) in Echtzeit; und zwar, wie er später aufzeichnete, in telefonischer Kommunikation mit dem Abteilungsleiter einer Schilderfabrik, der Farbmuster exakt nach Anweisung auf Millimeterpapier auftrug. Ein Jahr danach, 1923, war Moholy-Nagy von Walter Gropius als Nachfolger von Johannes Itten an das Staatliche Bauhaus Weimar berufen worden, wo er die Etablierung der Fotografie vorantrieb und später – in Dessau – die Bauhausbände gestaltete. Draußen allerdings wurde das allmählich in Übergriffe mündende Gebrüll der Nazi-Schergen zunehmend lauter. Während in Italien Vertreter der futuristischen Avantgarde wie Marinetti mit dem Faschismus kollaborierten und in Deutschland selbst manche Bauhaus-Künstler sich dem Nationalsozialismus gegenüber indifferent bis affirmativ verhielten, emigrierte László Moholy-Nagy, der jüdischer Herkunft war, unter dem Eindruck beginnenden Terrors über Amsterdam und London nach Chicago und New York. Die Momente geistigen Aufbruchs in seinem Werk lässt die Ausstellung in der Frankfurter Schirn Kunsthalle eindrucksvoll wieder aufleben.
Mehr Texte von Roland Schöny

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László Moholy-Nagy - Retrospektive
08.10.2009 - 07.02.2010

Schirn Kunsthalle Frankfurt
60311 Frankfurt am Main, Römerberg
Email: welcome@schirn.de
http://www.schirn.de
Öffnungszeiten: Di - So 11.00-19.00 Uhr, Mi - Sa 11.00-22.00 uhr


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