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Kunstmarkt, Hype und Nostalgie

Eigentlich ist schon das Eingangszitat so aussagekräftig, dass die folgenden fast 90 Dokumentationsminuten nur noch wie ein Epilog dazu wirken: „Making money is art, and working is art and good business is the best art“. Bei Andy Warhol entlehnt, gibt dieses Motto das Thema von „Super Art Market“ schon ebenso präzise vor wie es bereits auch dessen Variationen und Brechungen markiert. Es geht um den Kunstmarkt in Zeiten des Hypes, in den Jahren vor der Finanzkrise, als der Durchbruch der Preisentwicklung durch die Schallmauer des Vorstellbaren sich noch heftig anzukündigen schien. Seit Herbst 2008 hat sich viel geändert und so hat eine Dokumentation über die Hochblüte des Kunstmarktbooms der frühen 2000er bereits zum Zeitpunkt ihres Kinostarts im Sommer 2009 historischen, ja fast nostalgischen Charakter. Zu Wort kommen darin einige, die es geschafft hatten: Leo König in New York, Gerd Harry Lybke in Leipzig und Berlin, Lorenz Helbling in Shanghai, Mihai Pop in Cluj und (später) in Berlin und Laura Bartlett in London. Von 2006 bis 2008 dauerten die Dreharbeiten, ein repräsentativer Zeitraum um einige der wichtigen Events des Kunstmarkts abzuklappern: die Armory Show in New York, die Biennale von Venedig, die Art Basel und die Liste, die London Zoo Art Fair, die erst seit 2007 abgehaltene Kunstmesse Shanghai Contemporary und die Art Basel Miami Beach. Doch der Erkenntniswert hält sich in Grenzen: Wenn Leo König erklärt, dass sich Galeristen die Preise für Kunstwerke manchmal auch schlicht aus den Fingern saugen, ist man eigentlich nicht weiter überrascht. Ebenso wenig von der Verkaufstaktik Gerd Harry Lybkes, der ein ziemlich kitschiges Bild von Martin Eder potenziellen KäuferInnen mit dem Begriff des deutschen Kulturguts, das nicht in die Hände der (natürlich viel besser zahlenden) Amerikaner fallen dürfe, schmackhaft zu machen versucht. Eben dieser Martin Eder wiederum macht sich Gedanken, nach denen die Kunst nichts mit Kunst zu tun habe und es sich eigentlich ohne Kunstmarkt viel cooler leben ließe. Später berichtet er stolz von einer Einladung zum Tee – ein Wort, das ihm offensichtlich mit snobbistischer Befriedigung von der Zunge läuft. Reflektierter treten die Galeristen Lorenz Helbling und Laura Bartlett auf, die sich auch offenbar mehr um die Nachhaltigkeit ihrer Arbeit bemühen. Dass Kunst als Ware (nämlich schon seit Beginn der großen Verkaufsausstellungen im 19. Jahrhundert) im Kreuzfeuer der Kritik steht, kann nicht als neue Erkenntnis gelten. Umso erstaunlicher ist der unkritische Kuschelkurs in „Super Art Market“ gegenüber den ProtagonistInnen des Markts. Eigenartig ist auch, dass trotz des Hinweises auf den Secondary Market der Kunstauktionen, bei dem weder Künstler noch Galeristen vom Hype profitierten, dessen spektakulärer Höhepunkt und Regelbruch kurz vor Beginn der Krise, Damien Hirsts Versteigerung selbst eingelieferter, neuer Arbeiten im Herbst 2008, mit keinem Wort erwähnt wird. Dafür bekommen wir zum Schluss Bilder von einem gefaketen Supermarkt mit leeren Keksverpackungen und leeren Getränkeflaschen auf einem Stand der Art Basel Miami Beach vorgesetzt, als sei damit schon eine Kritik an der Mogelpackung Kunstmarkt-Hype formuliert. Die schöne Utopie einer auch finanziellen Autonomie der Kunst in allen Ehren: Die Kunst braucht einen funktionierenden Markt. Diese unpräzise Dokumentation braucht man allerdings eher nicht.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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