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Hinterlands: Das Land hinter den Spiegeln

Die Front sei überall, es gebe kein Hinterland mehr, hatte Oskar Werner in der Rolle eines realistischen Offiziers in G. W. Pabsts großartigem Antikriegsfilm \"Der letzte Akt\" 1955 zu sagen. Ausgerechnet \"Hinterlands\" heißt eine optisch sehr ansprechende Ausstellung in der Galerie Kerstin Engholm. Das ist deshalb seltsam, weil die ausgestellten Arbeiten durchwegs einen Hang zum Formalismus erkennen lassen. Die These hinter dem Titel lautet: Man trete hinter die strenge Form und begreife \"das zeitgenössische künstlerische Tun als Ausdruck individuell-subjektiven Handelns\". In diesen Dialog zwischen der Front und dem Dahinter treten die Arbeiten von vier Künstlern, deren Werke sich in einem magischen Vieleck zwischen Konzeptkunst, Minimal Art, monochromer Malerei und Neuer Ornamentik bewegen. Drei von ihnen sind ein wenig über Dreißig. Der vierte ist eine gute Generation älter und erst vor einigen Jahren sozusagen wiederentdeckt worden. Der Niederländer Bas Jan Ader (1942-1975) verkörpert dabei einen romantischen Künstlertyp. Die Rezeption seines Werks ist ohne die mysteriösen Umstände seines Todes undenkbar. Bas Jan Ader verschwand 1975 während der Realisierung des zweiten Teils seines Projektes \"In search of the miraculous\" spurlos von seinem Ein-Mann-Segler im Nordatlantik. In der vierteiligen, humorvollen Fotoarbeit \"On the road to a new neoplasticism\" von 1971 stellt Ader durch seinen liegenden Körper und einige bunte Gegenstände eine Komposition wie von Mondrian nach. Hier wird das Konzept der Ausstellung am deutlichsten nachvollziehbar, denn der individuelle Künstlerkörper selbst ist das Material, aus dem die Form gebildet wird. Schwieriger wird es bei den glatten Oberflächen der übrigen Arbeiten: Daniel Pflumms an ein Firmenlogo gemahnender Leuchtkasten, Stefans Sandners asymmetrisches, Kenneth Noland zitierendes Ölbild und seine, ebenfalls zitierende, große Wandarbeit \"Ask Bob\" werden zurück geworfen von Matti Brauns Spiegelblöcken, die ihrerseits wiederum zitieren, und zwar Robert Morris. Hier ist sie wieder, die allgegenwärtige Front. Es ist schwer, dahinterzublicken.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Hinterlands
16.05 - 29.06.2002

Kerstin Engholm Galerie (alt)
1040 Wien, Schleifmühlgasse 3
http://www.kerstinengholm.com


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