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Heimo Zobernig: Moderne in der Blue-Box

"Das logische Bild der Tatsachen ist der Gedanke", schrieb Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus logico-philosophicus. Das Essentielle dieser Philosophie, die klare, formale Strenge eines Adolf Loos, der gedanklich-gestalterische Fundus der Moderne bildet den intellektuellen Nährboden, aus dem Heimo Zobernig schöpft. Die erste Arbeit, die in der Ausstellung in der Galerie Meyer Kainer die Blicke auf sich zieht, kann exemplarisch für Zobernigs Umgang mit diesem Gedankengerüst gesehen werden. Nesselgewebe aus Trevira CS im Blau der Blue-Box, im Videorot der Red-Box, im neongrün der Green-Box sind hier zu einem drei mal vier Meter großen Netz geflochten. Die klassischen Grundfarben sind vom Material der Blue-, Red- und Green-Boxen des Fernsehens abgelöst worden, der rechte Winkel vom losen Fall des Geknüpften. Die Wahl der Farben reicht weit über das vordergründig Schrille hinaus. Immerhin ermöglicht die Auskleidung des Fernsehstudios mit eben diesem Blau, Rot oder Grün erst die Einspielung aller anderen Bilder hinter einem Menschen. Die Künstlichkeit der Industriefarben ist in der Natur und auf der menschlichen Haut nicht enthalten, so kann sie zur Projektionsfläche für die ganze Welt werden. Dieser Ansatz knüpft an die Farbenlehre an, die Zobernig mit Ferdinand Schmatz verfasste. Auf Schwarz und Weiß reduziert, finden sich hier nicht nur in Worten alle Farbpaletten diverser Theorien. Schwarz ist die Summe aller Farben, Weiß ihr Gegenteil, beide beinhalten das gesamte Farbspektrum. Maximale Reduktion der Mittel geht bei Zobernig mit maximaler Reflexion Hand in Hand, und lässt doch immer auch Raum für Humor. Zobernig selbst ist, mit einem Netz überzogen, als Modell vor blauem Blue-Box-Hintergrund in einem TV-Schirm zu sehen, zwei mit blue-box-blauen Quadraten und Gittern überzogene Styroporköpfe baumeln von der Decke - visualisierte Denkgerüste? Die Farben und Materialien, die in den Fernsehstudios der Welt Illusionen von Wirklichkeit bilden, überziehen Zobernigs Arbeiten: Sie finden sich als Quadratgitter auf Bildern, sorgfältig weitergeführt auf deren Kanten. Die Lettern des Wortes "Real" sind auf einer Arbeit ohne Fernsehstudiofarben zu sehen, von rechts nach links, durcheinander. Eine ideale Projektionsfläche bildet - wie alle Arbeiten ohne Titel - eine große weiße Leinwand. Ein altes, großes Thema - wieder hat Zobernig dafür eine neue Form gefunden.

Mehr Texte von Isabella Marboe

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Heimo Zobernig
15.05 - 30.06.2002

Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 72 77, Fax: + 43 1 585727788
Email: contact@meyerkainer.com
http://www.meyerkainer.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-15h


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