Gerwald Rockenschaub- Promise vs. Reality: Gerwald Franz von Rockenschaub

Franz von Stuck muss ein beneidenswerter Mann gewesen sein. Als Macher unter den Malern zwischen Salon und Talon, am Anbruch des vorigen Jahrhunderts zumindest. Mit einer so prachtvoll wie fein ziselierten Villa im suburbanen Quartier Münchens, wo sich Prunk, Protz und Pomp die Klinke von Symbolismus und Historismus in die frisch manikürte Hand gaben. Und einer auserlesenen, von des Künstlers Hand verlesenen Schar von Schülern, darunter Paul Klee.

Vor allem aber, und als Krönung seiner Karriere als hochherrschaftlicher Impressario von Jugendstil und (Jugend-) Sünde, mit einem Atelier, das in nahezu optimaler Weise Bildhauerei und Bildermalerei in die eine, einzig mögliche kubische Kombi-Kiste (Adaption Uwe „Kunstbau“ Kiessler) setzt. Jetzt aber, ebenda und eben nur im Museum Villa Stuck möglich: Gerwald Rockenschaub, „der“ zeitgenössische Maestro eines eleganten Hyper-Minimalismus der gehobenen Spielweisen / Spielwiesen. Der spätestens seit 1987, und seiner Einzelausstellung in der Kölner Galerie von Paul Maenz den Zugriff auf das Gesamtensemble und –szenario der Räume und Räumlichkeiten der Kunst wagt. Reduced to the max! Mit künstlerischen Setzungen zwischen Trans, Trance und Cross. Over. Funky und Functional. Emotional.

In einem multimedialen Elementarismus der scheinbar schwerelosen Geste und der leichtfüßigen Gelassenheit. „Mild und leise?“ (Richard Wagner) Not. Statt dessen: Nobles Understatement zwischen Animation (der Formen) und Mediation (zwischen den Formen).

Wo im ebenerdigen, ehemaligen Bildhaueratelier Stucks (Nordlicht!) so rein gar nichts vom eitlen Tand zu sehen ist, was dem schöngeistigen wie kunstsinnigen Kennergeschmack und dessen ewig gestriger Lüsternheit nach Opulenz und Dekadenz entsprechen könnte. Wie u.a. das Gästebuch beweist...

Wenn der schier unabschließbare Kosmos der Monochromie aus der scheinbar unerschöpflichen RAL-Bibel aufgeblättert wird. Aufgefächert in lustwandlerisch gefügten und mit traumwandlerischer Perfektion gesetzten Körpern im und am Raum. Mit dem Raum.

Plus: Im partnerschaftlichen Schulterschluss mit der Architektur, vorzugsweise. Und buntfarbigen Klimmzügen an den architektonischen Unterzügen. In einem koloristischen Klima einer globalisierten Welt. In einem begehbaren Raum-Relief und großzügig bemessenen Hauptwegen, Nebenwegen.

Rockenschaubs Installation ist, so gesehen, ein Angebot und ein Versprechen auf Zeit. Eine Empfehlung. Weil niemals gedroht wird mit der (Kern-) Kompetenzklatsche einer überkommenen Lehre (der Farben) oder des Horrors (vor der Leere). Sich die Skulptur / Struktur als Ensemble auf dem Umsteigeterminal der Architektur als malerische Geste jenseits eines allzu persönlichen Gestus entäußern kann. Vice versa.

Dann aber flugs die gewendelte Treppe hoch und hinauf, ins (Ober-) Licht. Wo höhere Wesen im ehemaligen Malatelier Stucks befohlen haben mögen: Rückzug gleich Offensive und Attacke. Wo die Errungenschaften der einfarbigen / einsilbigen Malerei in einem nur mehr gedämmt / gedimmt vor sich hin und her grübelnden Grau eingegossen, versiegelt sind. In einem geschliffenen „Wandbehang“ und dem neutralsten Farbton aller Zeiten und aller Welten. (Wand-) Malerei als (Wand-) Bemalung. Und sich der „Sound“ des Raumes als Gefüge kurzerhand und wie von Malerhand aufgeheitert sieht durch die sportive Streifung des ornamentalen Bänderwerks.

Malerei heute: Ein skulpturaler Eingriff auf dem Verladebahnhof der Architektur? Oder war es nicht andersherum? Franz von Stuck hätte sich jedenfalls, im angrenzenden und nun nicht mehr unbefleckten Jungmädchen-Zimmer seiner Tochter vor dem Spiegelobjekt Gerwald Rockenschaubs - einem veritablen Tondo! - beim abschweifenden Seitenblick aus dem Fenster wohl einen Humpen hellster Freude eingeschenkt...