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Sehnsucht nach dem Abbild. Das Portrait im Wandel der Zeit: Im Labyrinth der Ikonen

Selbstverständlich ist das Porträt als Gattungsbegriff innerhalb begrifflicher Rahmungen wie „Abbild” oder „Spiegelung” lesbar. Natürlich ergeben sich da auch Rückbezüge auf psychologische Kategorisierungen wie „Charakter“ oder gar „Persönlichkeit”. Spätestens seit den Individualisierungsstrategien in der Kunst der Neuzeit ist das der Fall. Dies lässt Ausstellungen rund um dieses Genre – wie in der Kunsthalle Krems – immer wieder faszinierend erscheinen, sofern man bereit ist, die Auseinandersetzung mit klassisch retrospektiven Projekten aufzunehmen. Dass das Porträt zudem Konstruktion ist, lehren uns – nebst aller Theorie – unzählige Episoden der Kunstgeschichte. Beispielsweise jenes Szenario, in dem sich Denis Diderot 1767 von der Malerin Anna Maria Thersbusch malen ließ. Um ein trivial realistisches Abbild seiner selbst zu vermeiden, posierte der Aufklärer tendenziell nackt und gab strikte, ideologisch verbrämte Anweisungen, wie sein Körper in der Art antiker Philosophen auf die Leinwand zu bringen sei. Das eigentliche Thema ergeben somit die spezifischen Blick- und Produktionsverhältnisse vor der Folie des Gesellschaftlichen. Die Kremser Ausstellung „Das Porträt im Wandel der Zeit“ reißt das in ihrem Auftakt mit einem Mona Lisa Bild von Gelitin an. Dem folgt ein Parcours durch die Kunstgeschichte mit rund 180 Werken. Andy Warhol, Pablo Picasso, Alberto Giacometti oder Francis Bacon und Gerhard Richter zählen zu den Hauptkoordinaten, wobei der Bogen zurück geht bis Lucas Cranach oder Wilhelm Busch und neuere Werke von Clegg & Guttmann, Lisa Ruyter, Julian Opie, Plamen Dejanoff, Marcin Maciejowski, Katrin Plavcak oder (fast schon wieder „älter“) Siggi Hofer bringt. Dazu Klassiker der Nachkriegsmoderne wie VALIE EXPORT, Arnulf Rainer, Cindy Sherman, Jürgen Klauke oder Christian Boltanski. Additiv ließe sich die Liste fortsetzen. Die Auswahl beruht großteils auf Kooperationen mit der Albertina und deren Sammlung Batliner sowie anderen Museen und der Zusammenarbeit mit zahlreichen Galerien. Selbstverständlich lassen sich hier von kundigen BesucherInnen sofort Momente möglicher Erweiterungen und Umgruppierungen finden, was bereits in der Natur des Generalthemas liegt. Dennoch bietet die Ausstellung punktuell teils spannende Kontraste, Vergleiche und Rückschlüsse. Wenn Markus Schinwald in Beziehung zu Anton Romako gesetzt wird oder Elke Krystufek zu Xenia Hausner, wenn die aktionistischen Bildstrategien von VALIE EXPORT oder Sarah Lucas nun plötzlich unter „Porträt“ subsumiert werden oder Werke von Ines von Lamsweerde und Gabi Trinkaus mit ihren ganz unterschiedlichen Konzepten der Konstruktion weiblicher Körperbilder unmittelbar nebeneinander hängen und letztlich auch Genderfragen mit Fotoarbeiten wie jenen von Jürgen Klauke berührt werden. Genau hier hätte sich die Möglichkeit geboten, den allzu klassisch gerahmten Begriff des Porträts in gegenwärtige Formen reflexiver, medialer Kunst über zu führen. Das wäre vielleicht schon eines der kommenden Projekte der aktuell wieder im inhaltlichen Wandel befindlichen Kunsthalle Krems.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Sehnsucht nach dem Abbild. Das Portrait im Wandel der Zeit
26.07 - 26.10.2009

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


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