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53. Biennale von Venedig - Österreich-Pavillon: Es gärt etwas

Die äußeren Eingriffe und Zutaten sind sehr subtil: Das temporäre neue Nebengebäude von Franziska und Lois Weinberger links des Pavillons verbirgt – die Giardini und das Pavillonsystem kritisch hinterfragend – in seinem Inneren einen sich langsam transformierenden Kompostwürfel. In der Pavillonmitte wird der Durchblick in den Innenhof durch einen raffiniert platzierten weißen Einbau irritiert, der Teil der Dorit Margreiter-Installation „Pavilion“ ist und von der Architektin Gabu Heindl dorthin gestellt wurde um durch die solchermaßen bewerkstelligte Verschiebung der Mittelachse nach rechts das sonst optisch haltlose Bäumchen am Ende des Hofes zu zentrieren. Und der außen an der Fassade befestigte deutsche Titel „TABU“ der Rauminstallation „TABOU TABOO“ von Elke Krystufek im Inneren tut so, als sei er ein anderer Name für das Ösi-Land. Der Österreich-Pavillon hatte diesmal zwei Kommissärinnen, Valie Export und Silvia Eiblmayer, die sich für gleich drei – österreichische – Positionen entschieden. Die Weinbergers haben ihrer olfaktorisch sensationellen, poetischen neuen Arbeit „Laubreise“ ein Kabinett mit einer Auswahl von älteren Werken zur Seite gestellt – das Museum zur gärenden Gegenwart sozusagen. Dorit Margreiter drehte in edlem Schwarzweiß im 1934 errichteten Josef Hoffmann-Bau in den Giardini und erforschte damit diese schwer zu bespielende architektonische Skulptur. Der performative Auftritt von zwei Frauen in dem vielschichtigen Film ist u. a. ein Verweis darauf, dass der Pavillon einst als utopischer Ausstellungsort für Malerei und Skulptur errichtet wurde. Der von Gabu Heindl gestaltete Vorführraum von „Pavilion“ ist bewusst ein selbst skulpturaler „Grey Room“: ein durch einen Durchgang offener Kinoraum, in den die Kamerafahrten durch das leere Gebäude projiziert werden. Elke Krystufek befasst sich in ihrer ausgedehnten Installation aus über die Wände wuchernden Malereien, Bildern und Zeichnungen und einem auf Vernissagen-Gesprächen basierenden Video insistierend mit gesellschaftlichen Tabus, dem heterosexuellen weiblichen Blick auf den männlichen Körper vor allem, mit dem sie den immer noch dominanten männlichen Blick auf den weiblichen Körper konsequent ersetzt. Die Wahl von drei so arrivierten Positionen schien eine sichere Sache zu sein. Das Konzept ging aber nur teilweise auf. Gemeinsam sind sie nämlich zu dicht und intensiv und konkurrenzieren einander heftig. So wenig man eine der drei Biennale-Installationen missen möchte, bleibt doch der Eindruck: Weniger wäre mehr gewesen.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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53. Biennale von Venedig - Österreich-Pavillon
07.06 - 22.11.2009

Österreichischer Pavillon - La Biennale di Venezia
30122 Venezia, Giardini della Biennale
https://www.biennalekneblscheirl.at
Öffnungszeiten: täglich 11 - 19 h, Fr, Sa bis 20 h,
Montag geschlossen außer 25/07, 15/08, 5/09, 19/09, 31/10, 21/11


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