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OK-Höhenrausch: Die Freiheit unter den Wolken

Zugig kann es schon werden. In den berüchtigten Linzer Regen geworfen, gesetzt oder gestellt. Und windig, bei Sturmböen mit maximal bis zu 50 Stundenkilometern. Dann aber wieder: In den luftigsten Höhen über den sonnigsten Straßenschluchten einer mitunter unbarmherzig vor sich hin brennenden Sonne ausgeliefert. Wo der Schaulüsterne zum Dachvagabunden auf dem licht- wie luftdurchfluteten Sonnendeck der Stadt mutiert. Ein typischer Fall von Outdoor-Spektakel eben, wie es „Höhenrausch“, die mit bislang über 50000 Besuchern (!) publikumsträchtigste Ausstellung von „Linz 09“ zelebriert. Als Parforce-Ritt durch und in den so genannten Lüften, in dem sich das Offene Kulturhaus aufs eigene Dach gestiegen ist, ganz hoch hinaus will. Den benachbarten, zwischenzeitlich durch einen Brand beinahe eingeäscherten Ursulinenhof, die flach bedachten Hoch-Plateaus von Passage City Center und City Parkhaus - Konsumieren plus Parkieren - inkludiert. Unter den Wolken, genau dort, wo die Freiheit (der Kunst?) wohl grenzenlos sein kann. „Höhenrausch“, der Schlussakt der Trilogie „Kunst in die Stadt!!“, erkundet und erschließt in sieben Stationen das Panorama der Linzer Dachlandschaften, die Stadtschaft der vormaligen „Stahlstadt“ zwischen Pöstlingberg und VOEST-Werk als konsumentenfreundliche wie volksfestliche Installation mit dem Drang zum Gesamtensemble. Denn: Die Stadt selbst, und wie sie sich auch für den ortsansässigen Touristen von ganz oben aus und gänzlich un-gegooglet entdecken lässt, ist der ureigenste Star der Show. Nur an fast beiläufigen Zwischenstopps sieht sich das Titel gebende Motto in veritablen Objekten, gemischten Medien mit gemischten Gefühlen tief aus der Magengrube thematisiert. Jenes halbaußerirdisch anmutende, weil aus dem Innersten von Ohr und Innereien kommende Rauschen und Sausen, Schweben und Schwindel(n). Was mit Verlusten zu tun hat, der beinahe zwanghaften Aufgabe der erzwungenen Erdung von Körper, Geist und dem ganzen Rest. „Sehen heißt Besteigen,“ meint denn auch unsere Fachkraft in allen Lebens- und Höhenlagen, Reinhold Messner, und der sollte jene Sehnsüchte nach dem Mulmigen und Schummrigen eigentlich am besten kennen. Etwa in „Tell“, jenem der Erdanziehung und den Verhältnissen entrückten Konversationsstück von Erwin Wurm. Oder in den lakonisch-absurden Slapstick-Filmchen Roman Signers und ihren gezielten Knall- auf Falleffekten. Als beinharter Über-Kopf-Skater Og D’Souza auf seiner atemlosen Jagd durch die gekippten Weiten der Biennale von São Paulo (Shaun Gladwell). Am besten aber in der kaleidoskopischen Zersplitterung des panoptischen Blicks bei Shih-Yung Ku: An einem Ballon hängend, völlig losgelöst entschwebend und entschwindend, getragen mehr von kosmischen Wehen als dem eigenen Wohl. Auf einem „Sputnikschiff“ (© Attwenger) namens Selbst ins All und – Remmidemmi! - retour. Jedermanns Himmelfahrt und Höllensturz. Co-Starring, wild wuchernd und ausufernd seine Wurzeln in den Himmel über Linz schlagend aber das Leit- und Navigationssystem des „Atelier Bow-Wow“: Ein groß- wie übermächtiger „Zweig“, der sich als begehbare Skulptur mit gelegentlichen waghalsigen Überhängen und weit ausschweifenden Ausblicken dem neuen „Kulturquartier Linz“ überstülpt. Als in Holz gehauenes Wurzel- und Wunderwerk von Lauf-Stegen und Plattformen der Lust und des Wandelns, inklusive einer sein eigenes Gehäuse sprengenden „Himmels Stiege“. Und nur getoppt noch durch das neue Testimonial von Linz 09, „High Weel“ von Maider López, das sich als die nur geringfügige farbliche Anverwandlung, auf die höchsten Ebenen des Parkdecks gehobenes Fahrgeschäft der nostalgischen Träumereien weit erhebt über die Irrungen und Wirrungen eines gleichermaßen geringfügigen Tagesgeschäfts genannt Kunst. In deren Freizeit- und Erlebnisparcours die Luft dann sehr, sehr dünn werden kann. Man aber umso eindrücklicher und desto nachhaltiger den unbestimmten Kitzel des überschwänglichen Übermuts - vor dem Fall? – verspürt...
Mehr Texte von Stephan Maier †

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OK-Höhenrausch
28.05 - 13.09.2009

OK Linz
4020 Linz, OK Platz 1
Tel: + 43 732 7720-, 52502
Email: info@ooelkg.at
http://www.ooekultur.at
Öffnungszeiten: Di, So, Fei 10-18 h


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