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Gerold Tagwerker - alphaville/zero2: Agent mit Kamera

Gerold Tagwerker ist nicht nur Tag-, sondern auch Nachtwerker. Zwei nachtschwarze Fotos einer Bürohaus-Fassade aus den frühen Siebzigern, unendlich erscheinende Additionen von Fensterbändern bezeugen das. Architektur verliert ihre Plastizität, die Außenhaut der Baukörper mutiert zur abstrakten Struktur aus Linien, Helligkeit und Dunkel. Neonröhren werden spürbar hinter einigen Fensterscheiben, verlassene Zeugen täglicher Betriebsamkeit im Bürohaus. \"alphaville/zero2\" heißt die Schau von Tagwerkers neuen Arbeiten in der Galerie Grita Insam. Investigativ wie der Held Lemmy Caution in Jean-Luc Godards Klassiker \"Alphaville\" aus dem Jahr 1965 war Tagwerker als Mann hinter der Kamera unterwegs, durchforschte das urbane Gefüge von Chicago nach prägnanten Versatzstücken der Sechziger und Siebziger. Die für die Stadt charakteristischen industriell gefertigten Fenster mit den eleganten, schmalen Metallrahmen hat er zur Skulptur gestapelt. Das auf dem Foto seiner Räumlichkeit beraubten Architekturelement bekommt so neue Plastizität. Die Aufnahmen an der Wand werden zu Standbildern von Godards Film, in einem Video hat Tagwerker aus \"Alphaville\"-Sequenzen die Architekturen herausgefiltert, denen er auf seinen Streifzügen durch Chicago begegnet ist. Dazwischen immer wieder der Agent mit der Kamera: Ein Hinweis auf den Künstler selbst. Wie Lemmy Caution durchstreift er die Stadt, in seinen urbanen Stillleben aus Chicago scheint die Zeit angehalten, die Vergangenheit ebenso konserviert wie im Filmklassiker. Die Nachtfassaden kehren wieder, auch die Lufträume, Galerien, Stiegenhäuser, Rolltreppen an den Wänden des dritten Raumes finden sich auf Video. Neonröhren, Gummibäume, Geländer, Bodenbeläge, Büroschränke aus Plastik werden zu Chronisten einer Epoche, stummen Zeugen einer früheren Agentenjagd. Tagwerker wählt bedeutungsvolle Bildausschnitte, verlassene Tatorte filmischer Verfolgungen. Lufträume, Decken, Rolltreppen, Stiegenläufe, die Übergangsräume zwischen Obergeschoß und dem Darunter, immer wieder Überwachungskameras, Fenster, dahinter schimmern Neonlichter. Lauter verlassene Tatorte der Grauzone Großstadt.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Gerold Tagwerker - alphaville/zero2
03.05 - 01.06.2002

Galerie Grita Insam
1010 Wien, An der Hülben 3
Tel: + 43 1 512 53 30, Fax: +43 1 512 5330 15
Öffnungszeiten: geschlossen


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