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Gerhard Richter - abstrakte Bilder: Super Sound / Super-Vision

„Elend, zynisch, dumm,“ sei sie, „hilflos und verwirrend“. Und doch: „Die höchste Form von Hoffnung“. Also nicht mehr edel, hilfreich und gut? Ein Narr aber, der da so boshaft und widersprüchlich, pietätlos und gleichzeitig salbungsvoll urteilt, über die Gesamtveranstaltung Gegenwartskunst nämlich? „Der Picasso des 21. Jahrhunderts“ (so der britische „Guardian“) sollte es sich eigentlich leisten können: Gerhard Richter, „der Meister aller Klassen“ (FAZ), den das Haus der Kunst in München mit „Abstrakte Bilder“ ein Hohelied auf die Malerei anstimmen lässt, wenn sie denn in einer garantiert gegenstands-freien Zone daherkommt. Im Gefolge des Defilees: Die superben Allerwelts-Modelle aus dem Hause MMM (Maison Martin Margiela), die sich in ihrer Gesichtslosigkeit von den Macharten und Machenschaften eines anderen Betriebssystems, genannt Mode, abgewendet haben. Als abstrakte Antipode eines überbordenden Betriebs und dessen überkandidelter Betriebsamkeiten verfolgt MMM als Team seit exakt 20 Jahren eine theoretisch bestens abgesicherte Strategie von maßgeschneiderten Regelverstößen in allen Richtungen. Was zwangsläufig den Beifall des Establishments ernten muss. Wenig wunder, dass zeitgleich mit der Ausstellung der Einzug in die aufgetragen-beiläufig herausgeputzte Repräsentanz an der Münchener Prunk- und Protzmeile Maximilianstraße gefeiert wurde. Cool. Mode als Konzept. Die sound-gerechte Untermalung im nächtlichen Event eines exklusiven Auftritts stammt naturgemäß von „Sonic Youth“, jenen ewig jung gebliebenen Agenten der Provokation mittels Sound und Vision, die sich seit Anfang der 80er Jahre einer anderen Ausgeburt des Abstrakten widmen: Dem Klang als Gewitterwolke und Störgeräusch im Sinne elektrifizierter Kakophonie, und wie sich daraus etwas Wiedererkennbares, fast schon Gegenständliches, sprich ein Songkonstrukt oder zumindest eine kleine Melodie herausschälen kann. Motto: Alles voll aufgedreht bis zum Anschlag, die Holzfäller-Hemden einfach angelassen und die Gitarren ja nicht gestimmt! Feedback, Rausch (!) und Rumpel. Volle Dröhnung. Aus Zeiten, als Noise noch ohne Erröten „Alternative“ genannt werden konnte. Sound als Konzept, wie geschaffen für die Garage. So sehr Legende die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern, so beiläufig der Anlass des Konzerts: Sonic Youth „lieh“ (Chris Dercon) sich 1988 für das Cover von „Daydream Nation“ Richters fotorealistische „Kerze“ (1982), die absichtsvoll nicht gezeigt wird. „Wie auch immer, inzwischen empfinde ich die figurativen Bilder als störend, wenn man sich auf die abstrakten einlassen soll.“ (G.R.) Oder zum wiederholten Mal in den plumpen Verdacht einer neo-romantizistischen Grundgestimmtheit zu geraten. Und: Farbe bedarf keines schummrigen Kerzenscheins, um zu leuchten... „Abstrakte Bilder“ beschränkt sich auf das mitunter groß-formatige Abstrakte Kandinskys (in München!), auf eine bildwürdige Welt ureigenster Gesetzlichkeiten, fernab einer fragwürdig gewordenen Realität sich überstürzender Impressionen, Eindrücklichkeiten. Wo die Farbe als Materie noch wie aus dem Handgelenk der Absichtslosigkeit virtuos über die Leinwände hinweg geschleudert werden kann. Nur einer sich selbst verordneten Richtigkeit / Stimmigkeit überantwortet. Archäologie der Farbe selbst: Strukturiert, abstrahiert, und verdichtet in einem kompakten Block von rund 60 Malereien, mit an Perfektion grenzender Wahrhaftigkeit in die HdK-eigenen Szenerien gesetzt. Einmal formuliert und konstruiert, und mit dem übernächsten Hieb von Rakel und Spachtel wieder ausradiert, übermalt. Wo Farbbahnen immer wieder aufbrechen (müssen), um sich ihrer ungewissen Herkunft zu versichern oder Platz zu machen für die „Farbfantasien“ des Künstlers (Ernst Strauss), die da kommen sollen. Malerei als Konzept.
Mehr Texte von Stephan Maier †

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Gerhard Richter - abstrakte Bilder
27.02 - 17.05.2009

Haus der Kunst München
80538 München, Prinzregentenstrasse 1
Tel: +49 (0)89 21127-113, Fax: +49 (0)89 21127-157
Email: mail@hausderkunst.de
http://www.hausderkunst.de/
Öffnungszeiten: Mo – So 10.00 – 20.00, Do 10.00 – 22.00


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Ein Künstler ohne Allüren
Karin P. | 21.05.2009 03:35 | antworten
Gerhard Richter zählt nicht nur zu den erfolgreichsten Künstlern der Gegenwart sondern mit Sicherheit auch zu den charismatischsten. Während er sich mit seinen Werken nie einer eindeutigen Stilrichtung zuordnen ließ bzw. lässt, hat er seinen persönlichen Weg als Künstler stets geradlinig und ohne Allüren verfolgt. Das ist vermutlich mit ein Grund für Richters enormen Erfolg, dessen farbgewaltige Bilder noch lange im Gedächtnis bleiben. Ich selbst hatte das Glück, Richters Werke vor ca. 2 Monaten in der Wiener Albertina bestaunen zu dürfen und war von dem Gezeigten begeistert!

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