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Gottfried Bechtold - Residue: Busenfreund Bolide

Besessenheit unterscheidet sich von Besitz um das Detail des Akteurs. Die größte massenhafte Besessenheit, die der freie Handel bis heute hervorgebracht hat, ist sicher die Idee von der Befreiung des Individuums durch maschinelle Bewegung, welche verursacht, daß die meisten Leute mehr Autos sehen als andere Leute. Automobile der Marke Porsche sind Besitztümer, die kapitale Potenz ersichtlich werden lassen – Einkaufspreis wie Motorleistung machen sie zu einem Fetisch des kapitalistischen Survival of the fittest. Gottfried Bechtolds Besessenheitsverhältnis zu Porsche ist ausgeprägt und manifest, und mit den bildhauerischen Fruchtfolgen wie auch Nachgeburtsstücken - Residuen - ist die Ausstellung in der Galerie Krinzinger bestückt. Der aufwendige Herstellungsprozeß von 11 Betonklonen des Porsche 911 („Elf elf“, Bregenz 2006) wird durch einen vom ORF produzierten Film liebevoll veranschaulicht – die besondere bildhauerische Herausforderung scheint dabei der Schonüberzug gewesen zu sein, das Schutzhäutchen, das zum Erhalt des hohen Glanzes von der Firma mitgeliefert wird und die charakteristische Silhouette weichzeichnet. Schöne Schwarzweißaufnahmen von zwei einander ähnlichen, vollbärtigen Männern jeweils allein neben einem Porsche vor verschiedenen, traulich-schangelig anmutenden Hintergründen erzählen durch die Abstände zwischen Bildrand und Bildprotagonisten von einer Annäherung, die auf Respektabstand hält. Weiters gibt es etliche etwa milchkartongroße Abgüsse in vielen Materialien und Farben, mit und ohne Häubchen. Einige sind platziert auf  vier verschieden hohen Sockeln, wovon „Parkplatz-Nord“ (Beton und Metall, 17x62x62, 2006) der niedrigste ist und der dem Osten zugeordnete und als einziger mit völlig gleichgroßen Porscheabgüssen bestückte der höchste – vielleicht kann man das als Richtungsorakel verstehen. Schöne Worte finden sich auf Pappzuschnitten – „Schwellenschablone“ zum Beispiel (BECH/S 61, Ohne Titel, diverse Materialien, 2006) und „Ausklinktoleranz“(BECH/S 62). Alle Exponate sind übersichtlich  und kurios gschmackig angeordnet, und wenn man Bechthold im Film sagen gehört hat, er sehe als Künstler die Welt aus den Augen eines Ingenieurs, dann darf vielleicht überlegt werden, ob hier eine Art gotischer Hightechwerkstattromanze ruchbar wird,  eine mit kathedralem Ernst und kalkuliertem Kondomeinsatz. Besessenheit als Phänomen gewinnt bei Bechtold den Aspekt von sorgfältiger und sachter Sachdienlichkeit, und das ist ein Potential, das man Porschegeräuschen auf der Straße kaum ohne weiteres anhören kann.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Gottfried Bechtold - Residue
27.03 - 30.04.2009

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


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