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Georges Adéagbo - Die Kolonisation und die Geschichte der Kolonisierten: Weltherrschaftsstreben

La Fontaine erzählt in einer seiner Fabeln über einen Pfau, der sich bei Juno über seine mangelnden Gesangstalente beklagt. Die „hehre Götterfrau“ weist ihn zurecht: „Nicht jegliches Geschöpf hat jeden Vorzug; nein, wir teilten unter euch die Gaben weise ein.“ Und: „Alle, glaube mir, begnügen sich mit ihrem Teil.“ Als Teil der Installation von Georges Adéagbo macht sich La Fontaines Gleichnis – der Text wurde von einem Auftragskünstler aus dem Benin mitsamt einer Illustration auf eine Leinwand gemalt – leicht zynisch aus, geht es in der Ausstellung des Biennale-Teilnehmers 1999 und 2009 doch um die Kolonisation. Dafür versammelt er an Wänden und Boden sowie in den Nischen der MAK-Galerie unterschiedliches Material: Zeitungsausschnitte, Ansichtskarten, Schallplatten, Reiseführer, Romane, Reiseberichte, Ölschinken, Werbeprospekte für Kunstveranstaltungen, aber auch Gemälde mit erläuternden Texten zur k. & k.-Monarchie. Das Image, das sich Österreich auch mit Hilfe eines verkitschten Monarchie-Begriffs gern gibt, bildet überhaupt einen Schwerpunkt in Adéagbos vielgestaltiger, jedoch sorgsam komponierter Assemblage: Eine Karte, auf der sich Wien als „Stadt der Musik“ verkauft, eine andere mit einem Guglhupf-Rezept, allerorten Sisi-Bilder, eine Werbung für Sekt der Marke „Metternich“ (bedenklich, eigentlich) einerseits – tanzende Trachtenpärchen auf Schallplatten, das naturverklärende Zeitungsinserat eines Lebensmittelkonzern andererseits. Diese Elemente verwebt Adéagbo mit afrikanischen Figuren, die er im Benin hat schnitzen lassen, Zeitungsausschnitten über Weltpolitik, Büchern wie etwa dem 1947 erschienenen „Afrika. Handbuch der angewandten Völkerkunde“, in dem für die Kolonisation plädiert wird, Kriegsberichten oder fetten Schmökern über die „großen Entdecker“. Der Bogen, den Adéagbo aufspannt, ist groß, überdimensional beinahe. Obwohl das Nebeneinander von Heimattümelei und Weltherrschaftsstreben – zwei Kategorien, die einander letztlich bedingen – überzeugend dargestellt wird, so wäre doch weniger mehr gewesen: Aus der Überfülle des Materials resultiert eine Ungenauigkeit, die alles andere als dienlich ist; und auch die Interventionen in der ständigen Sammlung des MAK erscheinen eher unmotiviert als durchdacht.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Georges Adéagbo - Die Kolonisation und die Geschichte der Kolonisierten
01.04 - 13.09.2009

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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