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Ilse Haider: Fallenstellen im Kunstbetrieb

Selten wird man bei einer Ausstellungseröffnung so hochoffiziell begrüßt wie vor kurzem in der Kunsthalle Exnergasse. \"Schön, dass du gekommen bist\", rief die ins Debütantinnenkleid gewandete Ilse Haider den verdutzten Besuchern durchs Mikrofon entgegen. Der Raum wurde geteilt in einen Backstage-Bereich, den man zuerst betritt, und - durch eine Tür mit Vorhang verbunden - eine größere Bühne. Im Bühnenraum wird der Besucher/die Besucherin beim Betreten des Raumes auf einem kleinen Podium vorgeführt und Vernissagensmalltalk inszeniert: Das neue schicke Hemd wird bewundert, die Situation von Kunstschaffenden in Österreich beklagt. Die Fortsetzung findet sich an den Wänden und auf Videos, wo Sprüche zu lesen sind wie: \"Aus welchem Stall kommst Du?\" oder \"Typisch Frauenkunst\", die auf witzige Art die schubladisierenden Mechanismen des Kunstbetriebs entlarven. Daneben zeigt ein Video Menschen, die ihren aufgestauten Aggressionen über die kleinen, alltäglichen Reibereien freien Lauf lassen: Die Schlange bei der Kassa im Supermarkt, bornierte Polizisten, verspätete Lieferungen von unzuverlässigen Firmen. So wird eine Spannung aufgelöst, die sich - durch die sukzessive räumliche Annäherung auch für das Publikum - aufgebaut hat. Zwei Fotografien von nackten Männern, dazwischen die (bekleidete) Künstlerin, stellen die oft noch immer gültigen Repräsentationsverhältnisse in einem männlich dominierten Kunstbetrieb auf den Kopf. Im Backstage-Bereich weist ein Video, in dem ausschließlich Credits laufen, auf das Netzwerk hin, das Kunstschaffende für die Realisierung ihrer Projekte benötigen. In einem anderen Video räumt sich Ilse Haiders Atelier scheinbar ständig selbst auf, zwischendurch wird immer wieder der Inhalt diverser Mappen und Kisten - alte Modezeitschriften, Silikonobjekte und Zeichnungen - präsentiert. Ilse Haiders (selbst-)ironisches Spiel mit Bühnen- und Backstageraum, mit inoffiziellen und offiziellen Strukturen zielt darauf ab, das Publikum zu einer Stellungnahme zu den aufgezählten Allgemeinplätzen zu verleiten. Doch wer darauf eingeht, ist ihr auch schon in die Falle gegangen. Bis 19.6. zeigt Ilse Haider in der Galerie Steinek \"flagrants délits\" (1010 Wien, Himmelpfortgasse 22).
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ilse Haider
16.05 - 15.06.2002

KEX Kunsthalle Exnergasse
1090 Wien, Währinger Straße 59, 2. Stiege, erster Stock
Tel: +43 (0)1 401 21-41 oder +43 (0)1 401 21-42, Fax: +43 (0)1 401 21-67
Email: kunsthalle.exnergasse@wuk.at
https://www.wuk.at/kunsthalle-exnergasse/
Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 13:00 - 18:00,
Samstag 11:00 - 14:00 Uhr


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