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Kärnten

Wenn man, wie der Verfasser dieser Glosse, seit langem aus privaten Gründen vor Ort zu tun hat, dann kann was erzählen. Es war im ehrwürdigen Künstlerhaus Klagenfurt, da ich, fremd noch, gerade zart angebandelt, im Café saß, um mir ein dröhnendes „Was bistn du für a Zottl. Bist a Ausländer?“ einzuhandeln. Und es war in der nämlichen Gegend, wo ich erfuhr, dass man doch beim „Standard“ eigentlich nicht arbeiten könnte, von wegen Judentum und Weltverschwörung. Nein, das mit Kärnten, der letzten Wahl und einem Ergebnis, das deutlicher ausfiel als im März 1933, nach Reichstagsbrand und Repressionen, jenes für die NSDAP, das mit Kärnten ist kein Missverständnis. Das passt schon zusammen. Dass Grenzlandbewohner von stramm reaktionärer Geisteshaltung sind, ist ein alter Hut. Noch immer hat der Front National, das Abgehalftertste an Rechtsaußentum, was Europa zu bieten hat, im Elsass seine Hochburg. Dort muss man sich gegen die Deutschen abschotten, und es hat eine gewisse Pointe, dass die Franzosen genau das abzuwehren suchen, was sie in Kärnten aufrechterhalten wollen. An den Marken, dort, wo die großen Kulturkreise aneinanderstoßen, baut man jedenfalls das Bollwerk. Die Romanen gegen die Germanen und die wiederum gegen die Slawen: Auch Ressentiments unterliegen der Osterweiterung. Die Mark Kärnten ist zudem von einem speziellen Dualismus seiner zentralen Städte gekennzeichnet. Seine Hauptstadt ist kleiner als die der meisten anderen Bundesländer, seine zweitgrößte Stadt dagegen größer. Immer schon bestand die zentrale Beschäftigung der Menschheit aus dem Streit mit den Nachbarn, und es hat Jahrhunderte gedauert, bis sich Krems gegen Stein, Florenz gegen Siena oder Hütteldorf gegen Favoriten durchgesetzt hat. In Kärnten ist die Lage, KAC gegen VSV, weiterhin gespannt, und wenn auch das Landhaus in Klagenfurt daheim ist, so der Fasching in Villach. In dieser Konstellation kann man hemmungslos um sich kreisen und dabei glauben, gegen die Welt gewappnet zu sein. Wie der Grenzlandgedanke etwas Mittelalterliches hat und die Städtekonkurrenz nicht weniger, so auch der Umgang miteinander. Die Sitten sind rau und herzlich, Lügen noch Komplimente, und wenn es einem nicht passt, dann kann er gehen oder lieber noch sich subventionieren lassen. Da macht der Kunstbetrieb dann keine Ausnahme. Was tun also? Boykottieren? Appeasement? Einmarschieren? Nicht einmal ignorieren? Friede durch Annäherung, Wandel durch Handel? Die Ferien werde ich jedenfalls dieses Jahr woanders verbringen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ihre Meinung

5 Postings in diesem Forum
Von der Lust Nichtkärntnern die Kompetenz Kärnten zu kommentieren abzusprechen!
De | 09.03.2009 02:05 | antworten
Etwas einseitig Kärntens Vielfalt, deren Freiheitsliebe und allenthalben Rebellion ganz auszuklammern. Versucht da jemand, der mit dem obrigkeitsgemählichen Beschaulichen Wien´s bestens vertraut ist, etwas über K. einzufangen? Mein Tipp: Kontakte zu K.ernInnen intensivieren und mindestens ein Jahr dort leben! ;-) DE
nein danke
k.A. | 14.03.2009 08:23 | antworten
Mit diesem Vorschlag reden Sie dem Glossisten das Wort. Wie können Sie von jemandem verlangen, ein Jahr in Kärnten zu leben, bevor er das Recht hätte, einen Kommentar abzugeben? Alle Kärntner, die ich kenne, sind entweder nach Wien "geflüchtet", oder leben verzweifelt ob des in Kärnten herrschenden politischen Wahnsinns dennoch dort. Und Sie wollen jemanden dorthin zwingen, bevor er sich dazu äußern kann? Absurd...
hm.
AW | 09.03.2009 10:39 | antworten
naja, ich habe wahrlich schon bessere kritiken über kärnten gelesen. diese undifferenzierten, allgegenwärtigen und mitunter auch der beliebigkeit anheimfallenden projektionen bringen keine/n kärntnerIn mehr aus der bahn. glucksmann sagt, dass dummheit der ausdruck des nichtrelationalen denkens sei. relational gedacht, rainer metzger, das ja, nur die relationen, die sie einführen, liegen in der vergangenheit und nicht in der gegenwart. wie wäre es mit einem neuen versuch?
vor ? Ort
WS | 09.03.2009 11:50 | antworten
"Wenn man, wie der Verfasser dieser Glosse, seit langem aus privaten Gründen vor Ort zu tun hat ..." - vor welchem Ort?
und?
TH | 13.03.2009 09:03 | antworten
... von welcher Kunstszene spricht Metzger, wenn er sich in K bewegt? Im Künstlerhauscafe? Ob er dort nicht mit sich selbst konfrontiert war (mangels Gäste)? Da kann man ganz schön ins Dichten kommen, so allein? Es scheint, als ob er ein bissl vom extrem ansteckenden villacher (oder ganzkärntner) Faschingsvirus befallen worden ist. Auch glaube ich ihm die platte Geschichte nicht - klingt nach Postfaschingskater. Gut. In Kärnten ist mittlerweile die Ganzjahresfaschingssprachregelung von den Wählern zur Amtssprache erhoben worden. Das kann man ja nicht wissen ... aber so schnell hat Rainer Metzger wohl noch nie Sprach-Assimilation betrieben.

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