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Pawel Ksiazek: Manierismen aus dem Internet

Zugegeben: Sooo super neu ist sie nun wirklich nicht, die Idee, sich Bilder aus dem „Netz“ runter zu laden. Um dann (unter anderem) als Schnittmuster für künstlerische Zugriffe der allgemeinen Art und anonymen Weise zu dienen. Beflügelt durch den Bonus des allergrößten Bildervorrats aller Zeiten und aller Welten, wie es so schön heißt. So frei zugänglich wie freizügig, selbst im Zeichen eines mitunter eingeschränkten Zugangs, die alte Tante Internet. Die sich ungefragt in den Grenz- und Randbereichen menschlicher Existenz tummeln muss. Die dann unverhofft, aber immer öfter eine ungeahnte Popularität erlangen. Stichwort: Koma-Saufen. Hochprozentig und – Absolut! - letztklassig. Auf einer wochenendlich wiederkehrenden Matura-Reise, Destination Nirwana. Wenn die Party unwiderruflich zu Ende gegangen sein wird... Was dann wiederum sehenswert sein kann, wenn der polnische Maler Pawel Ksiazek im Salzburger Kunstverein (und zur so genannten „Festspielzeit“!) die reißerischen Schlagzeilen vom nächtlichen Schrecken davor und dem morgendlichen Grauen danach in ein Panorama abgründiger Tafelbilder einbindet. „N.N. vs Artists“ zeigt derart, vordergründig wie all ansichtig, den geschundenen jungen Menschen in mitten seiner zu eigenen Händen und fremden Gnaden geschändeten Objekte. Im digitalisierten Dilemma von Verschmutzung und Verwahrlosung: Die Pokale einer siegessicheren Vergangenheit, beinahe begraben unter dem Geröll- und Gerümpelfeld von Sucht und Suff. Oder ein Schnapp(s)schuss während eines komatösen Nickerchens, die Champagnerflasche noch im Mund... Enthemmt. Hemmungslos. Willenlos. Babylon aus den gesimsten Knipsereien des omnipräsenten wie omnipotenten Mobile Phone. Kontrovers? Schockierend? Jein. Weil: Ist ja alles versiegelt in den patinierten Themen und Techniken aus den Werk- und Wirkungsstätten altmeisterlich anmutender Kleinmeister. Fast schon großväterlich. Wo dann allzu schnell die verwandtschaftliche Nähe zu Vorfahren aus der Klamottenkiste der Kunstgeschichte gesucht wird, gefunden werden kann. Das Internet – unerschöpflicher Hort eines völlig überdrehten Manierismus und seiner bis zur Unkenntlichkeit verdrehten Figurinen, des sich drehenden wie (ab)wendenden Körpers? In Entstellungen der Erschöpfung und Entäußerung. In den gesellschaftskritischen Posen des „Wiener Aktionismus“ – apropos „Eimer über dem Kopf“ – oder den aktuellsten Tendenzen des Performativen (Fallbeispiel Abu Ghraib). Selbst die so beziehungsreich gelegte Fährte des Eruptiv-Expressiven scheint eher dem Fundus der kalkulierten / digitalisierten Geste aus der Farbpatrone zu entspringen als einem anrüchig gewordenen „Authentischen“. Das Handschriftliche des Spektakels in zwei Dimensionen (auch Malerei genannt): Ein mehrwertiger Update des gemeinen Downloads. Aber: Sooo gesichtslos, wie Sex, Gewalt und gute Laune selbst in ihrer globalisierten Verbreitung rüberkommen wollen, sind sie ja nun auch wieder nicht. Selbst das Anonyme hat einen Namen. Seinen Namen. Was man unter anderen Umständen, in relativ glücklos verlaufenen Vorstellungsgesprächen in leidvolle Erfahrung bringen musste...
Mehr Texte von Stephan Maier †

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Pawel Ksiazek
16.07 - 13.09.2009

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


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