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Rewind, Fast Forward - Videokunst aus der Sammlung der Neuen Galerie Graz von 1970 bis heute: Im Magnetfeld der Medien Avant Garde

Der Zeitpunkt für Rückblicke auf die Videokunst erscheint günstig. Zunehmend widmen sich Institutionen den Aufbrüchen apparativ generierter Kunstformen. Dies befördert Vergleichsmomente und neue Lesarten im Sinne einer Medienarchäologie. Die Neue Galerie in Graz bringt jetzt ein umfassendes historisches Panorama der auf Video basierenden Kunst. Die Ausstellung von Werken aus der eigenen Sammlung funktioniert als offene Geografie. Keine Headlines, die Kapitel oder gar lineare historische Entwicklungen suggerieren wollen. Dennoch erkennbare thematische Schnittfelder. Mit kritischen Bearbeitungen gesellschaftlicher Entwicklungen etwa setzte Kurator Günther Holler-Schuster einen der Schwerpunkte. Darunter dokumentarische Arbeiten von Rainer Ganahl oder Andreas Fogarasi. In nachbarschaftlicher Nähe das Video zur offenen Bibliothek in Hamburg von Clegg & Guttmann,1991. Bald stößt man auch auf Marina Grzinic und Aina Smids Reflexion der subversiven Symbolik der Neuen Slowenischen Kunst mit Auftritten von Slavoj Zizek. Topographisch folgerichtig bereits in der Eingangszone Werke und Installationen in der Ästhetik der Überwachung. Als eine der wenigen Leihgaben Julia Schers Überwachungs- und Empfangsschreibtisch „Superdesk – Security bei Julia“, 1993, während Jordan Crandalls „Drive. Track 3“ als Großbildprojektion das Thema generell aufreißt. Das Name-Dropping ließe sich weiterführen mit Paul Garrin, Peter Fend oder Andrea Fraser. Signifikant für die Kulturgeschichte von Graz jedoch ist das Video „Kapellerstraße 41“ von Richard Kriesche aus dem Jahr 1973. Kriesche machte damals die gesellschaftlich verborgenen Missstände in einer Grazer Barackensiedlung auf der 3-Länderbiennale trigon 73 per Videofilm öffentlich. Horst Gerhard Haberl hatte für die trigon eine international relevante Zusammenschau der Kunst in jenem Medium nach Graz gebracht, das über Jahrzehnte von reaktionären KritikerInnen in Konkurrenz gesetzt worden ist zu den klassischen Ausdrucksformen der bildenden Kunst. Joan Jonas, Merce Cunningham, Hermine Fried, John Baldessari oder Andy Mann waren auf der trigon 73 vertreten. Allerdings wurde in Graz nie die Vision einer Hauptstadt der (damals) Neuen Medien umgesetzt. In ihrem Katalogtext erinnert die heutige Direktorin der Neuen Galerie Christa Steinle, dass sich ihr Vorgänger Wilfried Skreiner, zwar auf die Suche nach der Avant Garde der Nachkriegeszeit begeben hatte, doch als Gegner der Videokunst erwies. Seit den 1990er Jahren forcierten Werner Fenz und Peter Weibel den Ausbau der Video-Sammlung. In der Ausstellung der Neuen Galerie begegnet man in dem um das Thema „Körper“ zentrierten Bereich nicht nur Valie Export oder Günter Brus, Milica Tomic oder Trisha Brown, Mike Kelly und Paul McCarthy, sondern auf Großbild auch dem Werk „Die neue leibhaftige Zeichensprache“ von Friederike Petzold, 1973, während nicht weit davon entfernt eines der ironisch aufgeladenen medienreflexiven Werke von Frantisek Lesak,(Demonstrationsfeld, 1973), zu sehen ist. Keineswegs reicht ein Ausstellungstag aus, um dann auch noch Dan Grahams legendäre Video-Collage „Rock My Religion“, 1982/84 oder Bruce Naumans und Vito Acconcis Arbeiten vollständig zu sehen. Solange braucht es aber nicht, um zu erkennen, dass die Neue Galerie stets aktuelle Werke, etwa von Karina Nimmerfall, reMI, Anja Krautgasser oder Nobert Pfaffenbichler und Lotte Schreiber ankauft. Die großartige und extensive Ausstellung führt zur Frage, warum die Neue Galerie angesichts ihres Potentials nicht einen eigenen Bereich zur permanenten Video-Präsentation einrichtet.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Rewind, Fast Forward - Videokunst aus der Sammlung der Neuen Galerie Graz von 1970 bis heute
28.02 - 24.05.2009

Museum im Palais
8010 Graz, Sackstraße 16
Tel: +43 316 8017-9780
Email: museumimpalais@museum-joanneum.at
http://www.museum-joanneum.at/de/museum_im_palais
Öffnungszeiten: Di - So 10:00 - 18:00


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