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Strategien der Brechung

„Was geht mich was an“ nannte Hubert Kiecol seine 2007 im Innenhof des Alten Tiroler Landhauses gezeigte Glashaus-Installation, die in einen irritierenden Dialog mit der sie umgebenden barocken Architektur eintrat. Galerist Johann Widauer wollte nicht nur das Modell zu dieser Arbeit für seine aktuelle Präsentation des deutschen Bildhauers haben, in Originalgröße zeigt er auch neuere Skulpturen aus Stahl und Glas. Die entfalten durch das Fehlen der sich in ihnen spiegelnden und brechenden Fassaden nun eine gänzlich andere, auf sich selbst bezogene und umso labyrinthischere Wirkung. Gekippte Fensterscheiben täuschen etwa in „Morgen oder Übermorgen“ die Möglichkeiten der Aus- und Einsicht vor, wo sich eigentlich Gedankenräume über die Wechselwirkung zwischen Architektur und Skulptur öffnen. Siegfried Gohr, der im Ausstellungstext bemüht wird, sieht bei Kiecol „die Skulptur, aus dem Reich der Architektur vertrieben“, sich ihrerseits der Architektur bemächtigen, um „im Gedächtnis der Formen nach deren ursprünglichem oder verschüttetem Sinn“ zu forschen. In den 1980ern gingen aus Kiecols diesbezüglicher Forschung präzis geformte, vollkommen geschlossene Miniaturhäuser aus Beton hervor, die neben einigen Papierarbeiten ebenfalls gezeigt werden. Ihr ebenso zeitloser wie poetischer Reiz setzt sich gerade in der scheinbar konträren Transparenz und Leichtigkeit der Glashäuser, die das Außen und Innen zu einer Einheit verdichten, nahtlos fort. Ein gewisser Hang zur Poesie kennzeichnet auch das malerische Werk von Günther Förg, mitunter ist es ganz konkret festzumachen an der Zusammenarbeit mit Schriftstellern wie Arnold Stadler oder Günther Herburger. Auf Herburgers über das Förg’sche Künstlerleben geschriebene Texte reagiert der Maler in „Die Trilogie der Tatzen“ von 2008, die die Galerie Thoman nach den zuletzt gezeigten Gitterbildern frisch gepinselt präsentiert. Durchblicken lässt dieser Zyklus auch eine weitere von Förgs künstlerischen Leidenschaften, nämlich die Bezugnahme auf und Brechung von historische(n) Kunstpositionen, hier dem Pointillismus, dem er mit fleckhaft aufgetragenen Pinselstrichen auf weißer Leinwand oder unterschiedlich farbigem Untergrund, sowie mit einer bewusst zur Schau gestellten Naivität begegnet. Das wirkt manchesmal allerdings mehr robust als rhythmisch - das im Titel implizierte Spielerische unterliegt einer etwas schwerfällig gewordenen Nüchternheit, die aus der Abstraktion zwar Energie zu schöpfen sucht, sie aber nicht immer im nötigen Ausmaß findet.
Mehr Texte von Ivona Jelčić

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