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Mit blauem Auge

Das Auktionsjahr 2008 in Deutschland 2008 war kein Rekordjahr für die deutschen Auktionshäuser. Und damit eigentlich ein normales Jahr, denn die Schwerkraft gilt auch für virtuelle Umsatzkurven. Immer nur bergauf geht nicht. Dass die Papierform eigentlich ganz gut ausfällt, liegt allerdings am zufriedenstellenden ersten Halbjahr. In diesen Zeitraum fallen die beiden Millionenzuschläge, erzielt bei Grisebach in Berlin. Zum teuersten Werk wurde August Mackes „Kinder am Hafen“, für das ein norddeutscher Sammler die mittlere Taxe von 1,75 Mio. Euro ohne Aufgeld bot. Camille Pissarros „Match de Cricket à Bedford Park“ steigerte Londoner Handel von der sehr niedrigen Taxe von 250.000 Euro auf den marktüblichen Preis von 1,275 Mio. Euro. In der Hälfte war das Jahr noch für Kapriolen gut. So konnte Van Ham in Köln noch den Zuschlag einer Papierarbeit von Sigmar Polke bei verrückten 220.000 Euro (Taxe 120.000 Euro) vermelden. Rivale Lempertz aus Köln konnte in der Sparte nicht mithalten – unter der Taxe von 400.000 Euro brachte ein „Spot-Painting“ von Damien Hirst „nur“ 380.000 Euro. Statt dessen punktete mit Hans Hoffmanns altmeisterliche Variation über Dürers „Feldhasen“ mit einem Ergebnis von 580.000 Euro im Rahmen der Taxe. In der zweiten Jahreshälfte ergab sich fast eine tektonische Verschiebung. Ketterer Kunst in München versteigerte eine Landschaft Emil Noldes für 750.000 Euro (Taxe 800.000 Euro) und blieb damit nur einen Tick unter dem höchsten Zuschlag von 780.000 Euro, den Villa Grisebach mit Max Beckmanns inzestuöses Aquarell „Geschwister“ (Taxe 300.000 bis 400.000 Euro) erzielte. 680.000 Euro brachte den Münchenern August Mackes Aquarell „Frauen am See“ (Taxe 300.000 bis 400.000 Euro). Und Lempertz? Das Traditionshaus schob sich wiederum mit altmeisterlicher Kunst in die Top Ten. Mit 850.000 Euro wurde ein Barend van Orley zugeschriebener „Kalvarienberg“ (Taxe (1 bis 1,4 Mio. Euro) das Spitzenstück des gesamten Jahres am Rhein. In vergleichbare Preisregionen konnten sich nur noch drei zusammen angebotene „Nanas“ von Niki de Saint Phalle schwingen, die zusammen für die untere Taxe von 750.000 Euro den Besitzer wechselten. Bei der Moderne gab es eine herbe Schlappe, als die gerichtlich angeordnete Auktion des Schlemmer-Nachlasses aus deutschen Museen wiederum von einem Gericht einstweilen abgesagt wurde. In der Summe erfolgreich waren Gemälde von Gabriele Münter, die bei Hauswedell & Nolte in Hamburg sowie bei Neumeister in München 410.000 und 355.000 Euro erlösten. Die meisten Häuser sind 2008 auch im zweiten Halbjahr mit einem blauen Auge davongekommen, Ketterer konnte den Umsatz sogar halten. Die Schwäche bei der Zeitgenössischen Kunst und dem konjunkturanfälligen internationalen Topsegment hat sich diesmal als vorteilhaft erwiesen. Auch hat es sich als vorteilhaft erwiesen, dass man sich selbst kleinerer Sammler annimmt, die den Wegfall des Handels als Käufer abmildern.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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