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Amelie von Wulffen: Unorte der Erinnerung

In der ersten Einzelausstellung des Jahres 2009, das in Tirol vom Gedenken an den Freiheitskampf von 1809 unter Andreas Hofer fest umklammert wird, präsentiert der Kunstraum Innsbruck Amelie von Wulffen. Ironischerweise passt das gar nicht schlecht, denn die Erinnerungsräume der deutschen Künstlerin tun sich nicht zuletzt zwischen kollektiver Geschichte und individueller Prägung auf. Natürlich sind Bezüge zu Tirol frei assoziiert, vermutlich also noch fiktiver als von Wulffens aus verschiedenen kunstgeschichtlichen Einflüssen erwirkte Ästhetik. Aber immerhin: Die hier gezeigten, von Lucio Auri konstruierten Sofas hat von Wulffen unter anderem mit Anleihen aus der Bauern- und Lüftlmalerei verziert. Auf den Sofa-Simsen trocknen Seesterne, Motiv und Metapher für den häuslich eingerichteten Erinnerungsfetisch, das Souvenir. Dessen dekorativem Zweck wird hier offensichtlich mit Ironie begegnet, jedenfalls will es im delogierten „home sweet home“ nicht so recht gemütlich werden. In Collagen, die immer auch autobiografisch konnotiert sind, zeigt die deutsche Künstlerin menschenleere Momentaufnahmen aus bourgeoisen Wohnzimmern, vom Familiensilber und von antiken Anrichten. Die großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien werden, oft über die Bildränder hinaus, über- und weitergemalt, sodass sich der Aktionsradius der Erinnerung erweitert, und sich das muffig Schwere in die Kunstwelt hinein erleichtern kann. Auch aus Familienbesitz stammen die in die Präsentation integrierten Stadt- und Landschaftsaquarelle eines unbekannten Malers - vermutlich deutscher Soldat - aus den 1940er Jahren. Sie zeigen etwa Breslau oder Paris, zur Zeit ihrer Entstehung waren sie vermutlich nicht viel mehr als gemalte Reise-Souvenirs. Durch den Rückspiegel betrachtet transportieren diese Schauplätze großdeutschen Eroberungswillens freilich auch düstere Geschichtskapitel. Aber weil von Wulffen die fragmentarische Montage aus gesamtgesellschaftlicher Betrachtung und Selbstbeobachtung gerne mit einer gewissen Leichtigkeit betreibt, hat sie einige der Bilder als Ablagebretter an den Sofas montiert. So ließe sich auf ihnen problemlos der Fünfuhrtee servieren.
Mehr Texte von Ivona Jelčić

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Amelie von Wulffen
17.01 - 28.02.2009

Kunstraum Innsbruck
6020 Innsbruck, Maria-Theresien Strasse 34
Tel: +43 512 58 4000, Fax: +43 512 58 4000-15
Email: office@kunstraum-innsbruck.at
http://www.kunstraum-innsbruck.at
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 13-18, Do 13-20, Sa 10-15 h
Feiertage geschlossen


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