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Faun und Feigenkaktus

Das Picasso Museum in Antibes Die Lage könnte spektakulärer nicht sein: direkt an der Kaimauer in der Altstadt von Antibes, mit Blick auf den Yachthafen und, hinter kleinen Sandstrandbuchten, das schirmpinienbestandene Cap d'Antibes mit seinen meist in russischem oder amerikanischem Besitz befindlichen Art-Déco-Villen. Das trutzige Château diente bis ins 13. Jahrhundert als Bischofspalast. Nach langer Nutzung durch die Grimaldis kaufte es die Stadt und machte es in den Zwanzigern – der mondäne Tourismus boomte – zum Stadtmuseum. Die große Stunde des Hauses schlug im Jahr 1945, als man Pablo Picasso ein Atelier in seinen Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. Als Picasso das Atelier ein Jahr später räumte, blieben ein bukolisches Wandbild und 23 Gemälde zurück, die er der Stadt schenkte; dazu kamen 48 im nahen Vallauris (auch dort befindet sich heute ein Picasso-Museum) hergestellte Keramiken. Seit 1966 wird das Haus als Picasso-Museum geführt. Der Name ist allerdings irreführend – das Museum zeigt keineswegs nur Picasso. Aber in der Gunst des Publikums punktet man am meisten mit dem großen Namen. Ein weiterer Schwerpunkt des Hauses ist eine Sammlung großartiger Bilder von Nicolas de Stael, der seit 1954 in Antibes arbeitete. 2001 kam eine umfangreiche Schenkung von Arbeiten des lange vor Ort ansässigen Ehepaares Hans Hartung und Anna-Eva Bergman hinzu. Außerdem umfasst die gut bestückte Sammlung unter anderem Calder, Chillida, Max Ernst, Yves Klein, Magnelli, Mirò, Modigliani und Picabia. Vor sechs Jahren wurde das Museum geschlossen, da dringende Maßnahmen in technischer und infrastruktureller Hinsicht nötig geworden waren. Auf der Agenda standen vor allem verbesserter Feuerschutz, adäquate Klimatisierung und eine bessere Zugänglichkeit für Behinderte. Mit der Planung des Umbaus wurde das Büro des Chefarchitekten des französischen Denkmalamtes Pierre-Antoine Gatier betraut. Das am 19. Juli wiedereröffnete Haus zeigt sich nun als geglückte Synthese aus alter Bausubstanz und zeitgenössischer musealer Präsentation. Eine unaufdringliche hölzerne Rampe ermöglicht einen stufenlosen Zugang für Behinderte. Empfangsbereich, Bookshop und Treppenhaus kennzeichnet, ebenso wie die Ausstellungsräume, eine Art selbstbewusster Subtilität in Bezug auf Materialität, Lichtführung und Raumbehandlung. Das neue Wegeführungskonzept führt nun zuerst in die Hartung/Bergman-Räume im Erdgeschoss, so dass die wohl unbekanntesten der Schwerpunkt-Künstler nun angemessen präsentiert sind. Die großen Räume im ersten Obergeschoss sind de Stael gewidmet, die kleineren der Moderne-Sammlung. Der zweite Stock gehört dann dem Hausgott Picasso, dessen Faune, Seeigel und Kentauren sich mit den antiken Fliesenböden, Balkendecken und auch mit dem konservatorisch korrekt gefilterten Sonnenlicht der Côte d'azur kongenial vertragen. Konsequenterweise endet der Rundgang auf der meerseitigen Terrasse, zwischen Plastiken von Germaine Richier, Feigenkakteen, Oleandern und dem Blick auf schaukelnde Segelboote.
Mehr Texte von Iris Meder †

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