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Mantegna: Nummer zwei

Man muss nicht immer was lernen. Man kann einfach da sein, sich was Schönes gönnen, hedonistisch geradezu, zur Feier des Lebens. Halt, sagt da der Bildungshuber, wenn dus nur angenehm haben willst, dann geh ins Schwimmbad oder zur Austria ins Horr-Stadion. In einer Ausstellung aber, noch dazu mit einem Alten Meister, solltest du was profitieren. Was mitnehmen und getrost nach Hause tragen, Bildung, Kanon, Exerzitium. Nein, sag ich, sollst du nicht. Du gehst ausgerechnet in den Louvre, ausgerechnet zu Meister Mantegna und tust nichts als schauen. Manchmal in zweiter Reihe, denn dass es angenehm ist vor Ort, hat sich bereits herumgesprochen, in den hinteren Sälen, wenn sich die Beflissenheit ein wenig verlaufen hat, aber auch bisweilen allein. Du bist in einer Präsentation, die keine These hat und keine Theorie, sondern dem schlichten Prinzip des Was-ich-krieg-nehm-ich willfährt. Soviel Mantegna wie möglich auf soviel Raum wie nötig, mehr als sechzig Stücke in zehn Räumen. Ausstellungen Machen ist manchmal ziemlich einfach. Doch, man kann auch was lernen. Zum Beispiel, dass es ein weiter Weg war zur autonomen Zeichnung, besser: zur gelungenen autonomen Zeichnung. Mantegna und sein Schwager Giovanni Bellini haben sich daran abgearbeitet, aber es brauchte mehr als zwanzig Jahre und viele Verkrampftheiten, bis sie Jacopo Bellini, den (Schwieger-)Vater, erreicht haben, der unbekümmert und nonchalant die großartigsten Skizzen fertigte, gerade deswegen, weil er sie ohne Anspruch auf Kunst ins Werk setzte. Oder man kann lernen, wie jung Meister Andrea war, da er sich in Padua an die Fresken der Ovetari-Kapelle und bereits als Zwanzigjähriger damit Schule machte, ein Maler wie vom Himmel gefallen, der es als erster überhaupt dann auch zum Status eines Hofkünstlers, bei den Gonzaga in Mantua, brachte. Was ich allerdings vorher schon wusste, ist, dass Mantegna der zweitgrößte der Maler des Quattrocento ist. Nummer eins ist und bleibt dem Schwager vorbehalten, dem ewigen Konkurrenten, dem venezianischen Koloristen Giovanni Bellini, der der Lehrer von Giorgione und Tizian war, während Mantegna nicht durch Schüler hervorsticht, der das Lyrische und Versonnene liebte, während Mantegna beflissen Antike zusammenkläubelt, der Philologie betrieb, während Mantegna der Archäologie frönt. Das hindert nichts an der Ausstellung des Jahres: Platz eins für Nummer zwei.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Mantegna
26.09.2008 - 05.01.2009

Louvre
Paris, Palais-Royal Musée du Louvre
Tel: +33 (0)1 40 20 53 17
http://www.louvre.fr/
Öffnungszeiten: täglich 9-18, Dienstag geschlossen


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