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Lois Renner: Doppelte Täuschung

Die Steckdose ist so groß wie der Heizkörper. Der Schraubenzieher liegt auf dem Fensterbrett und nimmt etwas mehr als die Hälfte davon ein. In Lois Renners \"Intervention\", als Ausstellung in der Ausstellung \"Augenblick - Foto\\Kunst\" platziert, werden seine Fotos von nachgebauten Ateliers gezeigt. Alles scheint in diesen Modellen irgendwie verstrebt, verschraubt und verbaut zu sein, manchmal wirken sie fast labyrinthisch. Irritierende Größenverhältnisse stören die Zentralperspektive und machen die Konstruiertheit der Situation evident. So weit, so bekannt. Neu ist hier, dass Renner auch die Miniaturbilder, die in den Ateliermodellen meist im Hintergrund auf Staffeleien stehen, einzeln fotografiert und auf richtige Gemäldeformate aufbläst. Mit der - möglichst perfekten - Reproduktion der \"Originalgemälde\" imitiert Renner ein Hilfsmittel der Kunstgeschichte. Die tatsächlichen Relationen werden auch in Katalogabbildungen, wo mittelalterliche Miniaturen neben barocken Deckengemälden stehen, völlig verwischt. Gleichzeitig konstruiert Renner Maleridentitäten, die wenig aufregend zu sein scheinen: Nackedeis in Pin Up-Posen, Pferdefuhrwerke, die aussehen, als wären sie Anfang des vorigen Jahrhunderts entstanden oder ein pittoresker Friedhof mit dekorativen Grabkreuzen und dem schönen Titel \"Ostern in Johnsbach\". Gleichzeitig erhärten Gemälde-Fotos mit den Titeln \"Selbstportrait (Rubens)\" oder \"Richter\" den Verdacht, dass hier auch Künstlermythen hinterfragt werden. Auf den ersten Blick gibt Renner vor, seine Malerei aus den Miniaturateliers zu holen und als autonome Werke zu präsentieren, in Wirklichkeit bedingt die Vergrößerung des \"expressiven\" Pinselduktus eine Entindividualisierung, die man schon von Roy Lichtenstein kennt. Während Renner anachronistische Vorstellungen von Künstlersubjekten reproduziert, perpetuiert er sie gleichzeitig - ein doppeltes Täuschungsmanöver, das erst mit der Vergrößerung seiner Modellbilder möglich geworden ist.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Lois Renner
26.04 - 30.06.2002

Essl Museum
3400 Klosterneuburg, An der Donau-Au 1
Tel: +43-2243-370 50 150
http://www.essl.museum
Öffnungszeiten: geschlossen


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