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Judith Fegerl, Barnaby Hosking - Asynchronous Circuits: Et in Arcadia ego

Mit neuer kuratorischer Leitung startet die galerie stadtpark in Krems in die neue Ausstellungssaison. Im August 08 übernahm der Kurator und Theoretiker David Komary von Christina Lackner, die neunzehn Jahre die Geschicke des Künstlervereins leitete, die Geschäftsführung und gestaltete ein neues Galerieprogramm. Mit der österreichischen Künstlerin Judith Fegerl und dem britischen Künstler Barnaby Hosking präsentiert er nun seine erste Themenausstellung. Betritt man den zur Straße hin abgedunkelten Raum, so findet man sich in einer Art modernen Wunderkammer wieder, in der seltsam anmutende Apparate und irritierende Projektionen zu sehen sind. Es sind Erkenntnisse des 17., 18. und 19. Jahrhunderts, die hier zitiert werden und, in eine zeitgenössische Formensprache übersetzt, Fragen nach Zeit- und Raumverschränkungen stellen, sowie den intellektuellen Besetzungen von Licht und Dunkel sowie ihren malerischen Qualitäten nachspüren. Fegerls Apparate, die an die sprechenden Automaten des vorrevolutionären Frankreichs erinnern, scheinen, in einer Endlosschleife geschaltet, bis in die Unendlichkeit beseelt Impulse abzugeben. So zum Beispiel die Arbeit „Temporal Deflector“, in der 60 kreisförmig angeordnete Magnetspulen durch elektronische Impulse die Nadel des Kompasses in ihrer Mitte zur Rotation im Uhrzeigersinn zwingen. Ein Instrument der räumlichen Orientierung wird somit zum Chronometer, Zeit und Raum werden endlos ineinander verschränkt. Wie wir uns materialisierte Unendlichkeit vorstellen können, zeigt uns Fegerl in ihrer humorvollen Skulptur „Lemniscate protuberantia“. Hierbei gestaltete die Künstlerin das mathematische Zeichen für Unendlichkeit - 8 - als weißes Hasenfellobjekt und verweist dabei auf den Hasen aus „Alice im Wunderland“, der zwischen Zeiten zu wandern vermag und somit die Linearität der Zeit aufhebt. Eine Freiheit, die dem Menschen nicht möglich ist. Während Fegerls theoretische Überlegungen in (be)greifbaren Skulpturen ihre ästhetischen Lösungen finden, evozieren Barnaby Hoskings Arbeiten imaginierte Gefühle und verweisen auf Repertoires von Landschaftsdarstellungen vom 17.Jahrhundert bis zur Romantik. In „Black Flood“ projiziert er einen stetig steigenden Wasserspiegel auf einen dunklen Teppich, der sich wie eine geschwärzte Filmleinwand von oben in den Galerieraum entrollt. Das langsame Fluten des Wassers erinnert an Unbewusstes, Überwältigendes, Unaussprechliches, kurz, Vorsprachliches, das erst später durch Worte ans Licht der Erkenntnis gelangt. Hosking nimmt dabei Anleihen an ein längst verklungenes Arkadien. Ähnliches gelingt ihm auch mit dem Tryptichon „Claude Mirror Sun 8“ wo eine Kassette im ersten Teil mit einem konkaven Spiegel und im zweiten Teil mit schwarzem Samt ausgelegt ist, ein Verweis auf den Maler Claude Lorrain, der im 17. Jahrhundert, um die reflektierende Sonne ungeblendet abmalen zu können, einen derartigen Spiegel entwarf. Daneben hängt Hosking ein in gleichem Format gemaltes Bild eines Sonnenuntergangs, das auf romantisierende Art die Erhabenheit des Objekts unterstreicht In dieser sehr gelungenen Ausstellung findet man die Themen wieder, die David Komary schon in seinem Ausstellungsraum dreizehnzwei beschäftigten, den er fünf Jahre in Wien 4 erfolgreich betrieb. Es sind Fragen nach der medialen Repräsentation unserer Alltagswelt und dem künstlerischen Unterlaufen der gängigen Bildregime, nach Raum- und Zeitphänomenen sowie der räumlichen Präsenz von Farbe und Farbgebung. Man kann der galerie stadtpark und ihrem neuen Leiter nur wünschen, dass dieses ambitionierte Programm auch gewürdigt und vor allem gesehen wird.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Judith Fegerl, Barnaby Hosking - Asynchronous Circuits
03.10 - 15.11.2008

Galerie Stadtpark
3500 Krems, Wichnerstrasse
Tel: +43 2732 847 05, Fax: +43 2732 812 76
Email: office@galeriestadtpark.at
http://www.galeriestadtpark.at
Öffnungszeiten: Mi-Sa 11-19 Uhr
Weihnachtsferien 24.12.2010 - 06.01.2011


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