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In der Wüste der Moderne – Koloniale Planung und danach: Rost the Casbah

Der Lokalbezug ist ein unmittelbarer: Das wegen seiner Cortenstahlverkleidung als "Rostlaube" oder auch, wegen seiner Unübersichtlichkeit, als "Kasbah" bezeichnete geistes- und sozialwissenschaftliche Zentrum der West-Berliner FU planten die kritischen Le-Corbusier-Adepten Georges Candilis, Alexis Josic und Shadrach Woods. Der Moderne-Revision des "Team Ten" um Candilis und Woods und ihrer Tätigkeit in Nordafrika widmet sich die von Marion von Osten, Tom Avermaete und Serhat Karakayali kuratierte Ausstellung im verglasten Sockelgeschoss des Hauses der Kulturen der Welt. In werkstättenartiger Lässigkeit, gestaltet von Jesko Fezer, Andreas Müller und Anna Voswinckel, ist ein Panorama zur Thematik von Nachkriegsmoderne und Post- bzw. Antikolonialismus im Brennpunkt Maghreb ausgebreitet. Nach den Unruhen in Marokko 1952 wurden als Gegengewicht zu den selbstorganisierten "Bidonvilles" der Einheimischen staatlicherseits Siedlungen im Sinne der Moderne geplant, die die Architekten, beeinflusst von Bernard Rudofsky und der "Architektur ohne Architekten", strukturell an die lokalen Lebensumstände anzupassen versuchten, etwa die 1952 von Candilis, Woods und Wladimir Bodiansky geplante "Cité Verticale" und die Siedlung "Sidi Othman" der Schweizer Architekten Studer/Hentsch in Casablanca. Das an Kasbahstrukturen angelehnte "Habitat marocain" wurde verändert ausgeführt und von den Bewohnern, ganz im Sinne des offenen Konzepts der Planer, seinerseits schon bald modifiziert. Das Team Ten präsentierte seine Habitat-Forschungen auf dem CIAM-Kongress in Aix-en-Provence 1953 und wurde 1959 zum Totengräber der Vereinigung. Die Ausstellung scheitert an ihrem verworrenen Modernebegriff, dem kühne Thesen entspringen: Die Architekturkonzepte des sozialen Wohnbaus seien in Algerien, Tunesien und Marokko entstanden, ja mehr noch – die europäische Moderne sei ohne Kolonialismus nicht denkbar; was in Europa nur im Modell entwickelt wurde, habe erst dort realisiert werden können und sei dann in den Banlieues wiederholt worden. In der Stadt der vielen jüngst zum Weltkulturerbe erhobenen Siedlungen der Neuen Sachlichkeit eine absurde Theorie, die die Mehrdimensionalität einer heterogenen Moderne ignoriert.
Mehr Texte von Iris Meder †

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In der Wüste der Moderne – Koloniale Planung und danach
29.08 - 26.10.2008

Haus der Kulturen der Welt
10557 Berlin, John-Foster-Dulles-Allee 10
Tel: +49-30-397 87 0
Email: info@hkw.de
http://www.hkw.de/
Öffnungszeiten: Di-So 10.00 bis 21.00 Uhr


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