Manfred M. Lang,
Unser wichtigster Basar
Basare sind bei den Urlaubern überaus beliebt.
Marrakesch z.B. hat so einen schönen. Diese Tausendundeinenachtgerüche, diese Farbexplosionen, dieses fröhliche und lautstarke Anpreisen von wunderbaren Nichtigkeiten, dieses geizgeile Handeln zwischen den kolonialdünkeligen Fremden und den um den Gewinn feilschenden Basari und schließlich und endlich der das Ego streichelnde Eroberungskauf – wunderbar, ganz herrlich, einfach phantastisch.
Und dann unser Basar. Mitten in Wien. Allein schon dieser majestätische Anblick mit seinen beiden geschwungenen Auffahrten. Aber dann im Inneren. Diese farbfad gekleideten und geruchlosen Frauen und Männer, die mit wutverzerrten oder höhnisch grinsenden Gesichtern über unser Wohl hinweg über etwas feilschen, was sie gar nicht haben – nämlich Waren oder Geld. Dafür werden aber fleißig Dinge versprochen, die entweder so, wie sie versprochen werden, niemand will, die es ohnehin nicht geben wird oder geben kann bzw. sich schon jetzt als unrealisierbarer weil unfinanzierbarer Unsinn herausstellen.
Aber Hauptsache ist ja ohnehin nur das Versprechen an sich. In der Hoffnung, dass die Versprecher und Versprecherinnen vom Stimmvieh bestenfalls gewählt, wenn schon nicht ernst genommen werden.
Liebe Glossenleserinnen und –leser. Wenn sie Sehnsucht nach Basaren haben, denken sie an Marrakesch und vergessen sie unser Parlament. Das ist besser für ihre Psyche.
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