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Antithesen

Batman ist wieder da und sorgte in den USA bereits für lautes Kassenklingeln. Wie bei „Batman Begins“ 2005 führte auch diesmal der Engländer Christopher Nolan („Memento“, „The Prestige“) Regie. Hatten damals die tiefdüstere Atmosphäre und das unheroisch Grüblerische und Zweifelnde eines rachedurstigen Bruce Wayne alias Batman für Aufsehen gesorgt, so lässt sich die, wie schon 2005, von Christian Bale gespielte Hauptfigur diesmal die Show von einem anderen stehlen: einem grundfiesen Chaosagenten im Look eines Clowns aus der Hölle. Der im Jänner im Alter von noch nicht 29 Jahren plötzlich verstorbene Heath Ledger spielt diesmal den Joker. Die dritte Monstrosität im ewigen Kampf um Gut und Böse steht denn auch logisch zwischen beiden Polen: Der engagierte Staatsanwalt Harvey Dent, gespielt von Aaron Eckhart, zu Anfang noch Gotham Citys Weißer Ritter. Dessen Assistentin, die aus „Batman Begins“ übernommene Figur Rachel Dawes, Bruce Waynes Freundin aus Kindertagen, die diesmal von Maggie Gyllenhaal („Secretary“) gespielt wird, darf wie der Polizist Commissioner Gordon wieder das Gute verkörpern, bleibt als Objekt der Begierden und als Einsatz in Jokers bösem Spiel mit der Moral seiner Gegner in ihrem Handlungsspielraum aber begrenzt. Subtilität darf man von einer Comic-Verfilmung nicht erwarten. Sie stünde im krassen Widerspruch zur holzschnittartigen Bauart ihrer Figuren. Klobig und wuchtig muss es also auch diesmal zugehen oder Batman wäre nicht er selbst. Fast noch mehr als bei vergleichbaren Gelegenheiten erscheinen wilde Actionszenen und das beeindruckende Aufgebot an Spezialeffekten als angemessene Veräußerlichungen der Heftigkeit des Kampfes zwischen Gut und Böse. Zugleich muss jedoch jede Neuverfilmung die Setzungen des Comics auf aktuelle Standards bringen, um interessant zu bleiben. Nach 9/11, dem Supergau schlechthin für die Helden im Superformat, waren Batman & Co. tendenziell aber ziemlich ratlos. Was tun gegen eine Bedrohung, gegen die Superkräfte nichts ausrichten können? Schon in „Batman Begins“ trat der Superhero psychologisch ziselierter auf. „The Dark Knight“ spiegelt ebenfalls die Verlagerung der Heldenproblematik wider. Der Joker, definiert als amoralischer, nur an der Zerstörung interessierter „Terrorist“, ist ein Meister im Aufbau von unlösbaren Moralszenarien. So wird Batman gezwungen, sich für die Rettung entweder des Staatsanwalts oder Rachels zu entscheiden, eine Wahl, die unweigerlich den Tod des jeweils anderen nach sich ziehen muss. Der Joker macht Stimmung gegen Batman in der Öffentlichkeit, die er gegen den Dark Knight in Geiselhaft nimmt, um ihn zu zwingen, seine wahre Identität zu enthüllen. Da er ihn in die Lage bringt, seine Ideale mit deren Erfüllung zugleich verraten zu müssen, verstrickt der Joker Batman immer tiefer in ein Gefühl von Schuld. Um den Joker besiegen zu können, lässt sich Batman letztlich zu einer unlauteren Methode hinreißen, die an die Politik des Patriot Acts erinnert: Er benutzt alle Handys in der Stadt als Mikrophone, die von einer gigantischen Maschine abgehört werden. Zugleich wird eine schreckliche Bedrohung für viele Menschen ganz ohne Batmans Zutun, allein durch die moralische Integrität von ganz normalen Leuten abgewendet. Kein Wunder, dass Bruce Wayne Zweifel an der Existenzberechtigung von Batman kommen. Die einzige Gerechtigkeit in einer grausamen Welt sei der Zufall, behauptet der gefallene Weiße Ritter, der durch eine Explosion grässlich entstellte Staatsanwalt. Auch wenn Batman diese Antithese zu seiner Existenz nicht gelten lassen kann, wartet am Ende des Film doch die Erkenntnis, dass alles, wofür er steht, tief in die Krise geraten ist. The Dark Knight, USA 2008, 152 min. Regie: Christopher Nolan Mit: Christian Bale, Heath Ledger, Maggie Gyllenhaal, Aaron Eckhart, Gary Oldman, Michael Caine, Morgan Freeman u.a. www.darkknight-derfilm.de
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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